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PROFI/547: Eine Hand reicht Arthur Abraham zum Sieg (SB)




Nikola Sjekloca mit der Linken in Schach gehalten

In dem mit 5.500 Zuschauern ausverkauften Berliner Velodrom hat Arthur Abraham den Titel der WBO im Supermittelgewicht durch einen einstimmigen Punktsieg (116:112, 116:113, 119:110) gegen Nikola Sjekloca aus Montenegro erfolgreich verteidigt. Während der Lokalmatador seine Bilanz auf 40 Siege und vier Niederlagen verbesserte, stehen für den Herausforderer nun 26 gewonnene und zwei verlorene Auftritte zu Buche. Nach zwölf geboxten Runden waren die Meinungen zunächst geteilt, ob der Berliner trotz eines nicht allzu gefährlichen Gegners in seinen alten Schlendrian verfallen sei oder im Gegenteil mit nur einer gesunden Hand einen heldenhaften Sieg erkämpft habe.

Nach einem verhaltenen Start, wie man ihn leidvoll aus früheren Kämpfen des 34jährigen Titelverteidigers kannte, nahm dieser erst gegen Mitte des Duells mit seinem ein Jahr älteren Kontrahenten das Heft in die Hand. Mit präzisen linken Jabs und Haken diktierte er ab der sechsten Runde das Geschehen im Ring. In der Pause nach der achten Runde klagte Abraham, er habe sich die Hand offenbar wieder gebrochen. Trainer Ulli Wegner soll daraufhin trocken erwidert haben, das spiele keine Rolle, da sein Schützling schließlich am nächsten Tag nicht arbeiten müsse.

Daraufhin boxte Abraham weiter und brachte im neunten Durchgang mit seiner Führhand, auf die sein Trainer in der Vorbereitung besonderen Wert gelegt haben soll, dem Gegner einer Rißwunde unter dem rechten Auge bei. In den verbliebenen Runden konzentrierte sich der Lokalmatador darauf, diese Verletzung weiter aufs Korn zu nehmen, so daß ihm der Sieg nicht mehr zu nehmen war. Ein Niederschlag, wie ihn das Publikum gern gesehen hätte, war unter diesen Umständen nicht möglich.

Der zehn Zentimeter größere Nikola Sjekloca hatte sich im Tempodrom gut verkauft und die zwölf Runden zumindest sicher überstanden. Wie der Montenegriner in der nachfolgenden Pressekonferenz einräumte, habe Abraham ihn klar besiegt, woran es nichts zu deuten gebe. Die überfallartigen Angriffe des Weltmeisters hätten seines Erachtens den Ausschlag gegeben. Es wäre besser gewesen, da weiterzumachen, wo er angefangen habe, so Sjekloca. Leider habe der Gegner das nicht zugelassen.

Nach der fünften Runde, und das solle nicht als Ausrede gelten, habe er einen heftigen Schmerz in der rechten Hand gespürt, berichtete der Titelverteidiger. Er habe daraufhin die Rechte so wenig eingesetzt, weil er nicht hart zuschlagen konnte. Eine Verletzung, die er sich schon beim Sieg über Robert Stieglitz im März zugezogen habe, sei wieder aufgebrochen. Im Endeffekt habe er aber, wenn auch nur mit der Führhand, den Kampf knapp, aber verdient gewonnen. Jetzt lasse er die Hand gründlich untersuchen. Sobald er aus dem Urlaub zurück sei und die Ärzte grünes Licht geben, nehme er das Training wieder auf. Er freue sich auf das zweite Halbjahr 2014 als Weltmeister im Ring. [1]

Da sich Abraham erst vor 61 Tagen am 2. März den Weltmeistertitel von Robert Stieglitz zurückgeholt und er eigenen Angaben zufolge nach der kürzesten Pause seiner Karriere den nächsten Kampf bestritten hat, drängten sich zwangsläufig Fragen nach Art und Schwere der Verletzung auf. Er habe sich im letzten Kampf einen Haarriß in der rechten Hand zugezogen. Bei jedem Einsatz der Schlaghand gegen Sjekloca sei er wie von einem Stromschlag durchgeschüttelt worden, so der Berliner.

Wie sein Trainer Ulli Wegner hinzufügte, habe man zwei Wochen vor dem Wettkampf im Trainingslager Kienbaum einen Arzt konsultiert. Nach dessen Aussage, die Sache sei nicht problematisch, habe man keinen Grund zur Absage des Kampfs gesehen. Offenbar wußten aber nur Abraham und sein Trainer Bescheid, nicht jedoch Manager Wilfried Sauerland. Hätte er das vorher gewußt, wäre der Auftritt abgesagt worden. "Bei mir steigen nur Boxer in den Ring, die hundertprozentig fit sind", versicherte Sauerland. Seine beiden anderen Weltmeister Marco Huck und Joan Pablo Hernandez mußten zuletzt ihre geplanten Kämpfe absagen. [2]

Laut Ringarzt Dr. Walter Wagner ließ sich Abraham vor dem Kampf keine Spritze für die Hand geben, wie es in solchen Fällen üblich und bei Anmeldung auch nicht dopingrechtlich bedenklich ist. Hinterher wollte Wagner die Hand untersuchen, was Abraham jedoch mit der Begründung, sie schmerze zu sehr, abgelehnt habe. Ob es sich daher um einen Bruch oder lediglich eine Prellung handle, könne nur die Kernspinuntersuchung zeigen, die er angeraten habe. [3]

Ob Arthur Abraham in diesem Jahr noch zwei weitere Kämpfe bestreiten kann, wie es ursprünglich geplant war, ist derzeit natürlich noch nicht abzusehen. Der Weltmeister und sein Umfeld träumen jedenfalls von einem Kampf gegen den IBF-Mittelgewichtschampion Felix Sturm im Berliner Olympiastadion, der beim Publikum zweifellos sehr gut ankäme. Der Kölner muß seinen Gürtel aber erst noch am 31. Mai gegen Sam Soliman verteidigen. Sturm hatte im Februar vergangenen Jahres einen Ausscheidungskampf gegen den Australier bestritten und einstimmig nach Punkten verloren. Wenige Wochen später wurde Soliman des Dopings überführt und das Ergebnis des Kampfes annulliert. Inzwischen ist Sturm Weltmeister und schickt sich an, die Scharte bei der Revanche auszuwetzen. [4]


Fußnoten:

[1] http://www.boxen.com/news-archiv/newsdetails/article/abraham-siegt-mit-links/23.html

[2] http://www.bz-berlin.de/sport/mehr-sport/abraham-verteidigt-titel-mit-links-article1837710.html

[3] http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.boxen-arthur-abraham-ein-gebrochener-weltmeister.cd80096a-d093-4126-9ee8-e47d72d140b1.html

[4] http://www.sueddeutsche.de/sport/boxen-arthur-abraham-bleibt-weltmeister-1.1949519.html

5. Mai 2014