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PROFI/543: Pacquiao gewinnt Revanche zweier Weltklasseboxer gegen Bradley (SB)




Der Philippiner ist wieder WBO-Weltmeister im Weltergewicht

Vor zehn Jahren hätte wohl niemand gewagt, sich mit der Vorhersage zum Gespött zu machen, ein kleiner Boxer von den Philippinen könnte eines Tages zu einem der weltweit erfolgreichsten und populärsten Vertreter seiner Zunft aufsteigen. In einem unglaublichen Siegeszug ist Manny Pacquiao Weltmeister in sieben Gewichtsklassen geworden. Inzwischen 35 Jahre alt, wurde er in der jüngeren Vergangenheit mehr als einmal auf dem absteigenden Ast einer glanzvollen Karriere verortet und mit einem baldigen Abschied vom aktiven Boxsport assoziiert. Wenngleich auch er dem Verschleiß einer langen Laufbahn Tribut zollen muß, hat er nun in Las Vegas eindrucksvoll unter Beweis gestellt, daß ihn die allerbesten Konkurrenten seiner Gewichtsregion noch immer fürchten müssen.

Manny Pacquiao hat die Revanche gegen Timothy Bradley einstimmig nach Punkten gewonnen und den US-Amerikaner als Weltmeister der WBO im Weltergewicht entthront. Im MGM Grand der Spielerstadt gab der Philippiner eine überzeugende Vorstellung, und wenn er auch bisweilen vorsichtig zu Werke ging, um nicht einem Glückstreffer zum Opfer zu fallen, war er doch der gefährlichere und beweglichere Boxer im Ring. Bradley, der in seinem 32. Profikampf die erste Niederlage hinnehmen mußte, blieb durchweg gefährlich, konnte seine Konterstärke angesichts der variablen Angriffsweise Pacquiaos jedoch nicht entscheidend zur Anwendung bringen.

Eine heiß diskutierte Frage im Vorfeld des Kampfs galt der mutmaßlichen Taktik Timothy Bradleys. Würde er auf seine exzellenten technischen Qualitäten setzen und versuchen, den anstürmenden Philippiner auszuboxen? Was viele vermutet hatten, trat nicht ein: Der US-Amerikaner bot vielmehr dem Druck seines Gegners unmittelbar Paroli und stellte sich offen zum Kampf. Nach sechs ausgeglichenen Runden, in denen auch Bradley eine gute Figur gemacht und zeitweise sogar das Geschehen im Ring dominiert hatte, übernahm Pacquiao in der zweiten Hälfte des Kampfs zusehends die Kontrolle. Dank seiner flüssigen Beinarbeit und Schnelligkeit griff er aus ständig wechselnden Vektoren an und zwang seinen Gegner in die Defensive, der sich zwar weiterhin mit wuchtigen Schlägen zur Wehr setzte, aber die Felle davonschwimmen sah.

Wenngleich eine Beinverletzung Bradley einzuschränken schien, ändert das doch nichts an der Bilanz, daß in einem Kampf zweier hervorragender Boxer der bessere am Ende die Oberhand behielt. Nachdem Pacquiao bei ihrem ersten Aufeinandertreffen vor zwei Jahren durch ein Fehlurteil um den Sieg gebracht worden war, entsprach die Wertung der Punktrichter mit 116:112, 116:112 und 118:110 zugunsten des Philippiners diesmal der Einschätzung aller Experten und wohl auch des Publikums in der ausverkauften Arena sowie beim Sender HBO, der den Kampf im Bezahlfernsehen feilbot. [1]

Pacquiao ging nicht so stürmisch zu Werke wie in früheren Jahren, als er seine Gegner mit bedingungslosen Angriffen zu überrollen und niederzukämpfen pflegte. Er boxte druckvoll, ließ aber die Klugheit walten, dem jüngeren Kontrahenten nicht ins offene Messer zu laufen. Dieser verschaffte sich mit gefährlichen Treffern Respekt, die den Philippiner zwar nicht aufzuhalten vermochten, aber zur Vorsicht mahnten. Obgleich man daher spekulieren kann, daß Manny Pacquiao den Zenit sein Könnens überschritten hat, ist außer Floyd Mayweather kein Boxer in Sicht, den man womöglich als stärker einschätzen würde.

Superlative zu finden, die sich nicht auf die Ära des Philippiners anwenden ließen, dürfte schwerfallen. Mehrere seiner Auftritte wurden als "Kampf des Jahres" ausgezeichnet, seine beispiellose Fehde mit dem Mexikaner Juan Manuel Marquez erstreckt sich nun schon über vier Duelle, dem bald ein fünftes folgen könnte. Er hat Millionen von Zuschauern fasziniert, dabei Millionen Dollars verdient und seit 2008 eine Schneise der Verwüstung durch die Konkurrenz geschlagen. Den Publikumsliebling Oscar de la Hoya schickte er aufs sportliche Altenteil, es folgten Siege über Ricky Hatton, Miguel Cotto, Joshua Clottey, Antonio Margarito und Shane Mosley, die alle der Weltklasse angehörten.

Nach der Niederlage gegen Marquez im Dezember 2012, als er in Führung liegend von einem Glückstreffer des Mexikaners gefällt wurde, dachte Pacquiao ausgiebig darüber nach, ob er seine Karriere besser beenden sollte. Im Unterschied zu vielen anderen Zunftgenossen fehlt es ihm weder an Geld, noch an Anerkennung außerhalb des Rings. Er ist ein gefeierter Volksheld auf den Philippinen, wo während der Übertragung seiner Auftritte das öffentliche Leben in den Städten stillsteht und selbst in Gefechten zwischen Regierungstruppen und Rebellen eine Feuerpause vereinbart wurde. Als erfolgreicher Politiker hat er einen Sitz im Parlament, ihn umgibt eine große Familie und als tiefgläubiger Mensch setzt er auf andere Werte als nur die Siege im Boxring.

Im November 2013 kehrte er in Macau zurück, wo er den überforderten Brandon Rios nach allen Regeln der Kunst dominierte. In das Lob angesichts eines unangefochtenen Sieges mischten sich allerdings Zweifel, da er den Gegner nicht auf die Bretter geschickt hatte. Timothy Bradley, der nach dem geschenkten Punktsieg gegen Pacquiao mit Kritik überhäuft worden war, wies unterdessen Juan Manuel Marquez in die Schranken, den er meisterhaft ausboxte. Berücksichtigt man, daß der Mexikaner den Philippiner besiegt hatte und neben Floyd Mayweather und Bernard Hopkins als der beste Taktiker und Techniker der gesamten Branche gehandelt wird, war dies ein unüberhörbares Signal, daß die Revanche gegen Pacquiao kommen müsse und Bradley dafür gerüstet sei. Nun ist der Rückkampf über die Bühne gegangen, in dem sich beide Boxer ausgezeichnet geschlagen haben. Sollte man zu dem Schluß kommen, daß der alte Pacquiao nicht wiederauferstanden sei, macht dies seinen Auftritt an diesem Abend in Las Vegas nur um so bemerkenswerter. [2]

Wie nicht anders zu erwarten, stand auf der Pressekonferenz nach dem Kampf die unvermeidliche Frage im Raum, ob es nun endlich zu dem seit Jahren geforderten Duell zwischen Manny Pacquiao und Floyd Mayweather kommen werde. Das sei schwer zu sagen, erwiderte der Philippiner, der wie immer außerhalb des Rings ruhig und zurückhaltend auftrat. Er sei rund um die Uhr für einen Anruf erreichbar und jederzeit zu diesem Kampf bereit, sollte Mayweather dies wünschen.

Während sich der Philippiner aller harschen Worte enthielt, machte sein Promoter Bob Arum dem aufgestauten Ärger Luft. Obgleich sein Boxer an diesem Abend im MGM aufgetreten war, zierten sämtliche Außenwände des Areals überdimensionierte Abbilder Floyd Mayweathers, der drei Wochen später an gleicher Stelle boxt, jedoch beim Konkurrenzsender Showtime unter Vertrag steht. Wer dieser Tage am Casino vorbeigefahren und im Boxsport nicht bewandert war, hätte nicht einmal ahnen können, daß an dieser Stätte ein Kampf zwischen Pacquiao und Bradley stattfinden würde.

Einige Tage zuvor hatte Arum denn auch von einem "Postergate" gesprochen und den Versuch MGMs heftig kritisiert, seine Werbung für den eigenen Titelkampf zu sabotieren. Arums Forderung an die Presse, sie möge ihre Leser zum Boykott des Mayweather-Kampfs aufrufen, dürfte indessen niemand Folge leisten. Wie der Promoter wiederholte, sei man jederzeit bereit, sich mit Mayweathers Team zusammenzusetzen und einen Kampf auszuhandeln. Die Gegenseite müsse nichts weiter tun, als zum Telefon zu greifen. Daß das tatsächlich geschehen wird, hoffen zwar nach wie vor zahllose Boxfans, doch kann diesbezüglich von einer realistischen Option keine Rede sein. [3]


Fußnoten:

[1] http://www.badlefthook.com/2014/4/13/5609754/pacquiao-vs-bradley-ii-results-maybe-not-the-old-manny-pacquiao-but

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/04/pacquiao-wins-unanimous-decision-over-bradley/#more-174223

[3] http://www.fightnews.com/Boxing/pacquiao-on-mayweather-the-line-is-open-241544#more-241544

13. April 2014