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PROFI/533: Francesco Pianeta gegen Wladimir Klitschko überfordert (SB)




Superchampion zieht in der sechsten Runde den Schlußstrich

Wladimir Klitschko hatte wenig Mühe, den 60. Sieg seiner Profilaufbahn unter Dach und Fach zu bringen. Vor 13.000 Zuschauern in der ausverkauften Mannheimer SAP-Arena und 8,31 Millionen bei RTL wurde der 37 Jahre alte Weltmeister seiner Favoritenrolle gerecht und besiegte den tapferen, aber überforderten Francesco Pianeta durch technischen K.o. in der sechsten Runde. Damit verteidigte der Ukrainer die Titel des Superchampions der Verbände WBA und WBO sowie des Weltmeisters der IBF und IBO erfolgreich und verbesserte seine eindrucksvolle Bilanz auf 60 gewonnene und drei verlorene Kämpfe, wobei seine letzte Niederlage viele Jahre zurückliegt. Der 28jährige Rechtsausleger Pianeta aus Gelsenkirchen mußte sich erstmals geschlagen geben und hat nun 28 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden vorzuweisen.

Der Titelverteidiger begann ungewohnt offensiv und traf seinen ehemaligen Sparringspartner schon nach wenigen Sekunden mit einer gelungenen Kombination. Wenngleich sich der Herausforderer aus dem Magdeburger Boxstall SES unbeeindruckt zeigte, deutete sich doch in der Folge frühzeitig an, welch große Probleme er mit der langen Führhand des Weltmeisters hatte. Wie vielen Kandidaten vor ihm gelang es auch dem Gelsenkirchener nicht, näher an den Ukrainer heranzurücken, um ihn aus der Halbdistanz in Schwierigkeiten zu bringen. Kam er doch einmal an der Linken Klitschkos vorbei, klammerte dieser sofort und erstickte so die Aktivitäten seines Gegners. Der Herausforderer konnte zwar einige Körpertreffer setzen, doch den Kopf des Ukrainers traf er fast nie.

In der zweiten Runde boxte Pianeta mutig mit, mußte aber wiederum die gefährlicheren Treffer einstecken. Eine Linke des Gelsenkircheners im dritten Durchgang dürfte wohl seine beste Aktion im gesamten Kampf gewesen sein, doch blieb es bei dieser Einzelaktion, die Klitschko kaum irritierte. Bereits in der nächsten Runde bereitete der Champion eine rechte Gerade vor, die voll beim Herausforderer einschlug und ihn erstmals auf die Bretter schickte. Da Pianeta jedoch umgehend wieder auf die Beine kam, setzte Klitschko nur dosiert nach und ließ seinen Gegner noch einmal von der Angel.

Nach einem linken Haken des Weltmeisters in der fünften Runde ging der Gelsenkirchener ein zweites Mal zu Boden und wirkte in der Folge müde und recht ratlos. Offensichtlich hielt Klitschko im sechsten Durchgang den Zeitpunkt für gekommen, ein vorzeitiges Ende herbeizuführen. Er traf Pianeta mit einer rechten Geraden, der er einen linken Haken folgen ließ, worauf der Herausforderer schwer getroffen niederstürzte. Zwar kam Pianeta aus eigener Kraft wieder hoch, doch stand er so unsicher, daß ihn der Ringrichter zum Schutz seiner Gesundheit aus dem Kampf nahm.

Im anschließenden Interview zeigte sich Wladimir Klitschko sichtlich bemüht, seinen Gegner zu loben und zu trösten. Francesco sei ein positives Beispiel für ihn, da er seine schwere Krankheit besiegt habe und zurückgekommen sei. Es sei nicht einfach gewesen, gegen ihn zu boxen, da er ein großes Kämpferherz besitze und nichts unversucht gelassen habe. Hätte ihn einer der Schläge des Herausforderers getroffen, wäre er sicher am Boden geblieben, lobte Klitschko seinen Gegner über den grünen Klee. Dieser sei sehr ambitioniert und habe schnelle, starke Hände. Er selbst habe auch sehr bittere Niederlagen erlebt und davon viel gelernt. Deshalb sei er überzeugt, daß es Francesco nicht anders ergehen werde, auch wenn ihm das heute noch nicht bewußt sei.

Francesco Pianeta war tief enttäuscht und unzufrieden mit sich. Die Seele schmerze, da es einfach nicht sein Tag gewesen sei. Vor drei Jahren habe er gegen die Krankheit gekämpft, vor zwei von Ulf Steinforth die Chance bekommen, einen neuen Anlauf zu nehmen. Heute habe er um die Weltmeisterschaft geboxt, wofür er dankbar sei. Seine Leistung sei einfach zu schlecht gewesen, um diese Chance zu nutzen.

Sein Trainer Dirk Dzemski faßte das gescheiterte Vorhaben mit wenigen Worten zusammen. Der Plan, Klitschko in die Halbdistanz zu zwingen, sei nicht aufgegangen. "Wladimir war heute der Bessere. Er ist Weltmeister, er ist es geblieben, fertig, aus", so Dzemski. Ulf Steinforth geht indessen aus gutem Grund davon aus, daß Pianeta trotz der Niederlage eine vielversprechende Zukunft hat. Man werde noch viel Spaß mit Francesco haben, ist sich der Magdeburger Promoter sicher.

Dank dieses Erfolgs kann Wladimir Klitschko zuversichtlich dem finanziellen Höhepunkt seiner Karriere entgegensehen. Sollte nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommen, trifft er am 31. August in Moskau vor 60.000 Zuschauern auf den Russen Alexander Powetkin. Dessen Manager Wlad Chrunow hatte die Austragungsrechte vor wenigen Tagen im Auftrag des russischen Baulöwen Andrej Ryabinski mit einem ungewöhnlich hohen Gebot ersteigert. Von den 23 Millionen Dollar erhält Klitschko über 17 Millionen (umgerechnet rund 13 Millionen Euro), während für Powetkin gut 4 Millionen abfallen.

In der Vergangenheit wollten die beiden schon zweimal gegeneinander antreten, beide Male wurde das Duell versteigert, doch zog der Russe jeweils zurück. 2008 mußte er wegen einer Verletzung am Sprunggelenk absagen, zwei Jahre später kam der Kampf nicht zustande, weil Powetkins Vater gestorben war und sein damaliger Trainer Teddy Atlas dringend von dem Duell abriet. Alexander werde ein anderer Gegner als Pianeta sein, warnte Chrunow in Mannheim. In diesem Kampf sei "richtig Feuer". Zuvor muß Powetkin allerdings einen Aufbaukampf am 17. Mai gegen den Polen Andrzej Wawrzyk gewinnen, was ihm nach den Worten seines Managers sicher gelingen werde.

Da schon im Vorfeld des Kampfs gegen Pianeta immer wieder von Powetkin und der Riesenbörse die Rede gewesen war, versuchte Wladimir Klitschko, den Ball flach zu halten. Sein Ziel im Sport sei niemals das Geld gewesen, Geld habe nicht die Priorität für ihn, erklärte der Superchampion angesichts der mit Abstand höchsten Börse seiner Karriere. Das hört sich gefällig an, scheint sich aber nicht mit dem tatsächlichen Geschäftsgebaren zu decken. Zumindest war zu hören, daß das Lager Klitschkos ursprünglich 85 Prozent der Gesamtsumme für sich beanspruchte und Powetkin nur 15 Prozent überlassen wollte. Erst nach Protest des Berliners Promoters Sauerland Event habe der Weltverband WBA ein Verhältnis von 75:25 festgelegt.

5. Mai 2013