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PROFI/483: Joe Calzaghe gewinnt Prestigeduell gegen Roy Jones jr. (SB)


Waliser triumphiert mit klarem Punktsieg im Kampf zweier Legenden


Joe Calzaghe blieb auch in seinem 46. Profikampf ungeschlagen. Vor 14.152 Zuschauern im New Yorker Madison Square Garden besiegte der 36jährige Waliser in einem weiteren Prestigeduell den drei Jahre älteren Exweltmeister Roy Jones jr. aus den USA im Halbschwergewicht einstimmig nach Punkten (118:109, 118:109, 118:109), der im 57. Kampf die fünfte Niederlage einstecken mußte.

Dabei war der Kampf zumindest in der Anfangsphase keineswegs so einseitig, wie es das Ergebnis vermuten läßt. Bereits in der ersten Runde schlug Roy Jones den Waliser mit einem linken Haken und einer krachenden Rechten zu Boden und erinnerte dabei an seine Glanzzeit in den 1990er Jahren. Auch in den Runden zwei und drei landete der Amerikaner immer wieder harte Treffer. Doch mit zunehmender Kampfdauer bekam Jones konditionelle Probleme, während Calzaghe wie schon bei seinem Sieg gegen Bernard Hopkins im Frühjahr einen Schlaghagel nach dem anderen abfeuerte. In der siebten Runde fügte er seinem Gegner mit einem rechten Haken einen Cut über dem Auge zu, den dieser bis Ende des Kampfes nicht in den Griff bekam. Das brachte den Waliser endgültig auf die Siegerstraße.

Wie beeindruckend Calzaghes Sieg gegen Jones unter dem Strich war, macht nicht zuletzt die Statistik deutlich. Der Waliser hatte am Ende 985 Schläge auf seinem Konto, wovon 344 ihr Ziel fanden. In keinem seiner früheren Kämpfe wurde Jones häufiger getroffen, der selbst nur 475 Schläge ausgeteilt hatte.

Der enttäuschte Amerikaner suchte nach Gründen für seine vierte Niederlage in den letzten sieben Kämpfen: "Als ich ihn in der ersten Runde am Boden hatte, konnte ich mich nicht entscheiden, was ich nun tun sollte. Einerseits wollte ich nachsetzen und dann auch wieder nicht. Ich habe mich dann zu sehr verausgabt und den Faden verloren. Der Knackpunkt war, daß er mir den Cut zugefügt hat. Ich konnte auf dem linken Auge nichts mehr sehen. Ich war schockiert, denn ich hatte noch nie zuvor einen Cut. Seine Schläge waren härter als ich dachte. Ich habe zwar mein Bestes gegeben, aber er war heute einfach besser und hat verdient gewonnen", sagte der "Pensacola Express" und haderte mit seinem Schicksal. "Ich weiß noch nicht, wie es weitergehen wird. Ich habe für diesen Kampf so hart gearbeitet. Ich weiß es einfach nicht."

Calzaghe erklärte nach dem Kampf: "Er hat mich gleich in der ersten Runde mit einem guten Schlag wirklich hart getroffen. Ich habe es nicht kommen sehen. Doch ein wahrer Champion muß damit umgehen können und um so stärker zurückkommen. Und das ist mir gelungen. Ich wußte, daß ich mir seinen Respekt für meine Schläge erst erarbeiten mußte. Das habe ich bei Gott getan!"

In diesem Kampf zweier Boxlegenden ging es um Prestige und viel Geld, nicht jedoch um einen Titel, wenn man einmal vom Ehrengürtel des "Ring Magazine" absieht. Man wollte die Wiedergeburt des berühmten Roy Jones jr. feiern, doch es wurde ein weiterer großer Tag im Leben des vor allem in den USA so lange unterschätzten Joe Calzaghe. Der weltbeste Boxer im Supermittelgewicht, der seine Titel niedergelegt hat, um zum krönenden Abschluß seiner Karriere einige Duelle im höheren Limit gegen berühmte Gegner in den USA zu bestreiten, setzte sich ein zweites Mal durch. "Ich habe in diesem Jahr zwei Legenden geschlagen: Bernard Hopkins und Roy Jones. Ich habe das Risiko auf mich genommen und bin zu ihnen in die USA gekommen", sagte Calzaghe nach dem Kampf stolz.

Der Waliser hatte zuvor angekündigt, dies werde der letzte Kampf seiner Karriere sein, doch relativierte er diese Aussage nach seinem überlegenen Erfolg: "Laßt mich doch erst einmal diesen Sieg genießen, ehe ich an einen anderen Kampf denke. Ich werde erst einmal nach Hause fliegen und gemeinsam mit meiner Familie darüber nachdenken."

Als potentieller Gegner stünde bereits Bernard Hopkins Gewehr bei Fuß, der im April nur knapp nach Punkten gegen den Waliser verloren hatte und auf eine zweite Chance hofft. Denkbar wären natürlich auch Oscar de la Hoya, der zweifellos für die größte Börse sorgen würde, oder Kelly Pavlik, der amtierende Weltmeister der Verbände WBC und WBO im Mittelgewicht, der allerdings jüngst in einem Nichttitelkampf gegen Bernard Hopkins verloren hat.

10. November 2008