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PROFI/474: Spektakuläre Titelvereinigung im Cruisergewicht (SB)


David Haye besiegt Enzo Maccarinelli vor 20.000 Zuschauern in London


Schon im Vorfeld wurde das Duell zweier Weltmeister im Cruisergewicht, bei dem der Londoner David Haye (WBA/WBC) und Enzo Maccarinelli (WBO) aus Swansea in der mit rund 20.000 Zuschauern restlos ausverkauften O2 Arena der britischen Hauptstadt aufeinandertrafen, zum Klassiker erklärt. Die Rivalität der beiden Boxer rief Erinnerungen an die legendären Ringschlachten zwischen Chris Eubank und Nigel Benn im Mittelgewicht und Supermittelgewicht wach, die in den frühen neunziger Jahren das Publikum in ihrem Bann schlugen und England zur Hochburg dieser Gewichtsklassen machten.

Großbritannien erlebt derzeit einen neuen Boxboom mit diversen Weltmeistern und weiteren hochkarätigen Akteuren, der die Öffentlichkeit elektrisiert und diesen Sport wieder in den Fokus der Medien gerückt hat. Dabei begann der Kampf erst um 2 Uhr nachts, da ihn Showtime Television live in die USA übertrug und damit den kommerziellen Erfolg vervollständigte.

Der 27 Jahre alte David Haye lag bei den Buchmachern leicht in Front. Etwas kleiner, aber noch kompakter als sein Gegner, hatte er zuvor nur einen Kampf verloren und galt als ebenso robust wie schlagstark. Ihm traute man zu, die Entscheidung mit einem einzigen schweren Treffer herbeizuführen, wobei man allgemein davon ausging, daß er versuchen werde, für ein schnelles Ende zu sorgen.

Der gleichaltrige Enzo Maccarinelli wird von Enzo Calzaghe, dem Vater des überragenden Supermittelgewichtlers Joe Calzaghe, trainiert, der zu den anerkannt Besten seiner Branche zählt. Auch er hatte bislang nur eine Niederlage einstecken müssen, die noch dazu Jahre zurücklag, und zuletzt vorzügliche Leistungen geboten. Seine stärkste Waffe ist ein gefährlicher linker Haken, und man räumte Maccarinelli vor allem dann gute Chancen ein, falls er den ersten Ansturm des Londoners überstehen und über die volle Distanz boxen würde.

Als die beiden einander dann endlich im Ring gegenüberstanden, nahm der Kampf den Verlauf, den David Haye erhofft und Enzo Maccarinelli befürchtet hatte. Der Favorit konnte in der zweiten Runde zwei schwere Treffer landen, nach denen der Waliser angeschlagen umhertaumelte und verteidigungsunfähig war. Völlig zu Recht brach der Referee ab, worauf sich der Sieger nach diesem frühen Triumph noch lange mit seinen drei Gürteln feiern ließ. Als Champion der Verbände WBA, WBC und WBO gilt er nun mit Fug und Recht als bester Cruisergewichtler der Welt und will natürlich ins wesentlich attraktivere Schwergewicht aufsteigen.

Haye bedankte sich immer wieder bei seinen britischen Fans und vergaß darüber auch die Amerikaner nicht, denen er ans Herz legte, sich nach diesem Vorgeschmack auf den künftigen Weltmeister im Schwergewicht gefaßt zu machen. Er habe seine Ankündigung wahrgemacht und alle Kritiker Lügen gestraft, die ihn einen Maulhelden genannt hatten. Man habe gesehen, wie hart er schlage, und solche Bomben könne er den ganzen Abend lang abfeuern.

Wenngleich der Brite im Hochgefühl des souveränen Siegs aus seinem Herz keine Mördergrube machte, ist sein Gedanke, sich als Schwergewichtler in den USA durchzusetzen, doch keineswegs abwegig. Die Szene ist nach wie vor relativ schwach besetzt, und wenn die Amerikaner auch einen erfolgreichen Landsmann vorziehen würden, so düre ihnen ein Engländer, der ihre Sprache spricht, doch immer noch wesentlich lieber als ein Nigerianer wie Samuel Peter, ein Ukrainer wie Wladimir Klitschko oder ein Usbeke wie Ruslan Tschagajew sein.

Die Übertragung bei Showtime Television dürfte dazu beigetragen haben, erste Schritte auf diesem Weg einzuleiten, der freilich mit größeren Stolpersteinen als im Cruisergewicht gepflastert ist.

11. März 2008