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MELDUNG/2215: Grünes Licht für Tyson Fury (SB)



Britische Antidopingagentur zieht einen Schlußstrich

Nach seinem Sieg über Wladimir Klitschko im November 2015 hatte der britische Schwergewichtler Tyson Fury den Gipfel seiner Karriere erklommen. Als neuem Weltmeister der Verbände WBA, WBO, IBF und IBO, der endlich Bewegung in die lange stagnierende Szene gebracht hatte, schienen ihm alle Türen offenzustehen, seinen frisch gewonnenen Ruhm zu Markte zu tragen und in klingende Münze zu verwandeln. Der Absturz folgte bekanntlich auf dem Fuße: Eine Kombination aus Verletzungen, einem positiven Dopingtest und psychischen Problemen warfen den Champion derart aus der Bahn, daß er seither keinen Kampf mehr bestreiten konnte und die Titel abgeben mußte. Nun hat die Ungewißheit, ob er seine Karriere jemals fortsetzen würde, ein Ende.

Die britische Antidopingagentur UKAD gibt ihm ab sofort grünes Licht, nachdem sich der 29jährige mit einer rückwirkenden Sperre von zwei Jahren einverstanden erklärt hat. Zugleich wurden die Siege Tyson Furys und seines Cousins Hughie Fury von Anfang 2015 annulliert. Wenngleich der ehemalige Weltmeister noch eine neue Lizenz braucht, gilt die Zustimmung der Boxkommission nach der Entscheidung der UKAD als so gut wie sicher. Das sind gute Nachrichten für den in 25 Auftritten ungeschlagenen Briten, der bereits begonnen hat, sein enormes Gewicht zu reduzieren, um sich wieder in Form zu bringen. [1]

Es ist zugleich eine gute Nachricht für Promoter Eddie Hearn, wenngleich Fury nicht bei Matchroom Sport, sondern dem Konkurrenten Mick Hennessy unter Vertrag steht. Hearn hat nämlich große Pläne für 2018, in denen Fury eine bedeutende Rolle spielen könnte, da er nun wieder zur Verfügung zu stehen scheint. Dieser hofft, im April oder Mai zunächst einen Aufbaukampf bestreiten zu können, um dann im Sommer auf Tony Bellew zu treffen und sich Ende des Jahres mit Anthony Joshua zu messen, dem Weltmeister der Verbände WBA und IBF. Allerdings muß sich Bellew am 5. Mai in einer Revanche noch einmal mit David Haye auseinandersetzen, der bei ihrem ersten Aufeinandertreffen aufgrund einer schweren Verletzung an der rechten Achillessehne schließlich von seinem Trainer aus dem Kampf genommen wurde. [2]

Da Tony Bellew eindeutig auf der Verliererstraße war, bis sich Haye die Verletzung zuzog, ist nicht abzusehen, wie er den Rückkampf gewinnen sollte. Unterliegt Bellew bei der Revanche, dürfte er für Fury weit weniger interessant sein. Dieser stünde dann vor der Frage, ob er statt dessen mit David Haye in den Ring steigt. Dabei liefe er jedoch Gefahr, von den gewaltigen Schwingern des "Hayemakers" niedergestreckt zu werden [3]

Unterdessen hat Eddie Hearn einen drei Kämpfe umfassenden Vorschlag auf den Tisch gelegt, den er Tyson Fury für das Jahr 2018 machen will. Dieser könnte zunächst im Frühjahr gegen Dillian Whyte antreten, worauf dann Tony Bellew und schließlich Anthony Joshua folgen sollen. Schon gegen Whyte zu kämpfen, wäre wohl keine gute Idee, da Fury zwei Jahre lang nicht mehr im Ring gestanden hat. Nachdem schon zuvor von Tony Bellew und Anthony Joshua als möglichen Gegnern die Rede war, kommt mit Whyte nun ein dritter hinzu. Die Strategie Hearns ist insofern nicht neu, als er auch WBC-Weltmeister Deontay Wilder einen Kampf gegen Joshua in Aussicht gestellt hatte, sofern der US-Amerikaner zunächst gegen Dillian Whyte antritt. Wilder hatte sich schließlich sogar dazu bereiterklärt, im Gegenzug aber eine vertraglich vereinbarte Garantie für einen Kampf gegen Joshua verlangt, die er nicht bekam. [4]

Im großen Bogen zeichnet sich deutlich ab, daß Eddie Hearn seinen Einfluß Zug um Zug ausbaut, zumal er im Schwergewicht nicht nur Joshua, Whyte und Bellew, sondern auch mit Luis Ortiz und Jarrell Miller zwei weitere namhafte Kandidaten unter Vertrag genommen hat. Da er das gesamte Feld in Beschlag zu nehmen versucht, kommt es zwangsläufig zu Widersprüchen im Detail, da verschiedene Optionen und mögliche Handlungsstränge gekreuzt werden. So könnte es Matchroom Sport einerseits als Erfolg verbuchen, behielte Dillian Whyte gegen Tyson Fury die Oberhand. Andererseits wäre in diesem Fall jedoch die Luft aus einem Kampf zwischen Fury und Joshua heraus, so daß sich Hearn ins eigene Fleisch zu schneiden scheint, wenn er Whyte als Hürde vor Joshua aufbaut. Man griffe jedoch zu kurz, wollte man einzelne Ketten von Abfolgen aus dem gesamten Kontext herauslösen und für sich genommen bewerten.

Beispielsweise dürfte auch Hearn klar sein, daß Tony Bellew die Revanche gegen David Haye eher nicht gewinnen wird. Dennoch spricht er über einen möglichen Kampf zwischen Bellew und Fury, als sei Haye nur eine lästige Pflichtübung, aber keine nennenswerte Hürde. Davon abgesehen, daß er die bei ihm unter Vertrag stehenden Boxer stets aufwertet und so gut wie nie von ihren Schwächen redet, wie das wohl jeder Promoter macht, gehört zu den Geheimnissen seines phänomenalen Erfolgs sicher nicht zuletzt ein Gespür für das gesamte Spektrum möglicher Entwicklungen, dessen Unwägbarkeiten er mit der unablässigen Erweiterung seiner Eingriffsmöglichkeiten und alternativen Optionen zu begegnen versucht.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/12/tyson-fury-cleared-box-ukad/#more-250194

[2] http://www.boxingnews24.com/2017/12/tyson-fury-freed-box-ukad-sends-message-joshua/#more-250208

[3] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/21748106/tyson-fury-free-box-again-accepting-backdated-ban

[4] http://www.boxingnews24.com/2017/12/hearn-proposes-3-fight-deal-tyson-fury-whyte-bellew-joshua/#more-250431

16. Dezember 2017


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