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MELDUNG/1929: Nur nicht aus der Puste kommen! (SB)



George Groves will sich an David Brophy schadlos halten

Der englische Supermittelgewichtler George Groves bestreitet am 9. April in der Londoner O2 Arena einen Kampf über zwölf Runden gegen den Schotten David Brophy. Der Auftritt des in der WBC-Rangliste an Nummer zwei geführten 27jährigen Favoriten geht im Vorprogramm der Titelverteidigung des IBF-Weltmeisters im Schwergewicht, Charles Martin aus den USA, gegen den aufstrebenden Briten Anthony Joshua über die Bühne. Während Groves 22 Auftritte gewonnen und drei verloren hat, stehen für seinen ungeschlagenen Gegner 16 Siege sowie ein Unentschieden zu Buche.

Zuvor war ein Kampf zwischen George Groves und seinem Landsmann Martin Murray im Gespräch, der offenbar auf den Sommer vertagt worden ist. Die Wahl des 25 Jahre alten Brophy, der angesichts seiner gering ausgeprägten Schlagwirkung keine Gefahr darstellen sollte, verdankt sich wohl der Absicht, durch einen vorzeitigen Sieg Selbstvertrauen aufzubauen, das Groves in Anbetracht seiner drei Niederlagen in Titelkämpfen gegen Carl Froch und Badou Jack durchaus nötig haben dürfte. Wenngleich Murray bereits in vier Anläufen auf die Weltmeisterschaft gescheitert ist, gilt er doch als unbequemer Gegner, dessen solide Doppeldeckung schwer zu überwinden ist.

Nachdem sich Groves im Januar in der Londoner Copper Box Arena in der fünften Runde gegen Andrea di Luisa durchgesetzt hatte, der immerhin kräftig zuschlagen konnte, rechnete man eigentlich im nächsten Schritt mit einer anspruchsvolleren Aufgabe. Brophy ist zwar unbesiegt, hat aber während seiner fünf Jahre währenden Profikarriere keinen namhaften Kontrahenten besiegt und nur ein einziges Mal vorzeitig gewonnen. So gesehen ist er ein ideales Opfer für Groves, der seine Bilanz an ihm aufpolieren kann.

George Groves ist zweifellos talentiert und in den ersten sechs Runden ein ernstzunehmender Gegner, baut aber erfahrungsgemäß in der zweiten Kampfhälfte derart ab, daß er zumindest starken Gegnern aufgrund seiner Konditionsprobleme ins Messer läuft. In beiden Kämpfen gegen seinen Landsmann Carl Froch machte er anfangs eine gute Figur und lag auf den Zetteln der Punktrichter in Führung, handelte sich aber später einen Niederschlag ein, der seine hochfliegenden Ambitionen zunichte machte. Bei der Herausforderung Badou Jacks, die im September 2015 im Vorprogramm Floyd Mayweathers in Las Vegas und damit auf der denkbar größten Bühne der Branche vonstatten ging, vermochte es der Brite wiederum nicht, Kapital aus der Präsentation an prominenter Stelle zu schlagen. Er mußte zwar in der ersten Runde zu Boden gehen, übernahm aber bald die Kontrolle und dominierte die erste Hälfte des Kampfs. Wie so oft ging ihm jedoch nach sechs Runden die Luft aus, so daß der Lokalmatador immer besser zur Geltung kam und am Ende knapp nach Punkten gewann.

Daher wäre es Groves zu wünschen, daß er Brophy nicht frühzeitig auf die Bretter schickt, sondern Erfahrung über eine längere Distanz sammelt. Da er in seiner Laufbahn schlichtweg zu viele kurze Kämpfe bestritten hat, scheint er nie im zumindest an der Weltspitze erforderlichen Ausmaß gelernt zu haben, mit einem anspruchsvollen Kontrahenten über die volle Distanz durchzuhalten. Wahrscheinlicher ist allerdings, daß er den Weg des geringsten Widerstands gehen und es darauf anlegen wird, Brophy möglichst schnell zu erledigen. Das brächte ihm Beifall von kurzer Halbwertzeit ein, änderte aber nicht das geringste an seiner grundsätzlichen Schwachstelle.

Natürlich wird Brophy nicht widerstandslos die Segel streichen, sondern versuchen, seiner Karriere mit einem Überraschungserfolg gegen seinen prominenten Landsmann einen kräftigen Schub zu verleihen. Möglicherweise setzt er auf einen Glückstreffer oder versucht, den Kampf in die Länge zu ziehen, um seine Chance zu suchen, sofern Groves wieder einmal Konditionsprobleme bekommt. Daß ihm das gelingen könnte, ist zwar unwahrscheinlich, aber keineswegs ausgeschlossen. [1]

Wie die Promoter Kalle Sauerland für Groves und Eddie Hearn von Matchroom für Murray angekündigt haben, ist ein Duell der beiden britischen Supermittelgewichtler im Sommer geplant, sofern keiner zuvor eine Niederlage hinnehmen muß. Beim Sieg über Di Luisa am 30. Januar in London stand Groves' neuer Trainer Shane McGuigan in der Ecke, von dem sich der Brite nach den deprimierenden Rückschlägen einen Wiederaufschwung in seiner Karriere erhofft. Die Zusammenarbeit trage bereits Früchte und werde künftig zu weiteren Verbesserungen führen. Man arbeite erfolgreich an der Technik und mache Fortschritte beim Sparring, die er im bevorstehenden Kampf umsetzen werde. Daher sei er zuversichtlich, in absehbarer Zeit an die Spitze zurückkehren und erneut um einen Titel kämpfen zu können, so Groves.

Brophy, der überwiegend auf vier oder sechs Runden angesetzte Kämpfe bestritten und erst einmal über zehn Runden geboxt hat, steigt zum ersten Mal in seiner Karriere zu einem Auftritt in der Ring, der bei günstigem Verlauf zwölf Runden dauern könnte. Der Schotte spricht denn auch von einer seltenen Gelegenheit, die er unbedingt nutzen wolle. Er habe seine Lehrzeit absolviert und geduldig auf eine derartige Chance gewartet, von denen man in Schottland nicht viele bekomme. Wiewohl er natürlich als krasser Außenseiter antrete, sei er doch bereit und werde alles geben. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/03/groves-vs-brophy-added-martin-joshua-card/#more-206716

[2] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/14997757/george-groves-fight-added-charles-martin-anthony-joshua-undercard

20. März 2016


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