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MELDUNG/1891: Diadochenkriege im Weltergewicht (SB)



Keith Thurman verteidigt seinen Titel gegen Shawn Porter

Nach Angaben des früheren IBF-Champions im Weltergewicht Shawn Porter stehen die Verhandlungen über einen Kampf gegen den regulären WBA-Weltmeister Keith Thurman am 12. März kurz vor dem Abschluß. Porter hatte seinen Titel 2014 an den Briten Kell Brook verloren, der sich knapp nach Punkten gegen ihn durchsetzen konnte. Hinterher waren die Meinungen geteilt, ob der Herausforderer mit einer athletischen und kämpferischen Einstellung ein überzeugendes Zeichen gesetzt oder im Gegenteil wühlend und klammernd den besseren Boxer an der Entfaltung gehindert habe. Doch diese Kontroverse ist längst Schnee von gestern, geht Porter doch daran, sich mit einer anderen Trophäe schadlos zu halten.

Angesichts der inflationären Titelvergabe, mit der insbesondere die WBA seit Jahren für Unmut sorgt, sei zum besseren Verständnis erläutert, daß dieser Verband den im September zurückgetretenen Floyd Mayweather als Superchampion geführt hat. Keith Thurman rangierte als regulärer Weltmeister bislang eine Etage tiefer, ist aber de facto derzeit einziger Champion der WBA in dieser Gewichtsklasse. Während er in 26 Kämpfen ungeschlagen ist, stehen für den Herausforderer 26 Siege, eine Niederlage sowie ein Unentschieden zu Buche. Wie die beiderseitigen Bilanzen zeigen, handelt es sich um ein Duell zweier hochklassiger Weltergewichtler, was um so mehr gilt, als die Karten in diesem Jahr neu gemischt werden: Der Rückzug Floyd Mayweathers und das angekündigte Karriereende Manny Pacquiaos, der im April seinen Abschiedskampf gegen den WBO-Weltmeister Timothy Bradley bestreitet, hinterlassen eine Lücke in der Sparte der Superstars, die gefüllt werden will.

Im Kampf zwischen Porter und Thurman scheinen die Chancen gleich verteilt zu sein. Keith Thurman könnte den Herausforderer auf dieselbe Weise ausboxen wie Kell Brook, der viel mit dem Jab gearbeitet und noch mehr geklammert hat. Sollte Shawn Porter nicht schnell genug abducken und auspendeln, könnte Thurmans Jab tatsächlich eine entscheidende Rolle spielen. Der Titelverteidiger neigt dazu, sich dem Gegner ständig behende zu entziehen und im Rückwärtsgang linke Haken zu schlagen, die den nachrückenden Kontrahenten abkontern können. In der Halbdistanz oder gar im Infight kämpft er hingegen höchst ungern, während das umgekehrt Porters Domäne ist. Um ihn zu neutralisieren, könnte daher auch Thurman wie vor ihm schon Kell Brook und Adrien Broner seine Zuflucht im Klammern suchen, sobald es eng wird.

Seit der Niederlage gegen den Briten hat der 28jährige Shawn Porter zwei Kämpfe überzeugend gewonnen und dabei Erick Bone und Adrien Broner in die Schranken gewiesen. Der ein Jahr jüngere Keith Thurman hat sich 2014 gegen Leonard Bundu und Julio Diaz durchgesetzt sowie 2015 Luis Collazo und Robert Guerrero das Nachsehen gegeben. Er muß sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, bei den genannten Auftritten teils auf alternde Kontrahenten zurückgegriffen zu haben und überdies nicht gerade souverän zu Werke gegangen zu sein.

Porter hat zwar auch nicht die allerdicksten Bäume ausgerissen, aber mit Broner einen Gegner besiegt, der stärker als alles einzuschätzen ist, was Thurman bislang vor die Fäuste bekommen hat. Außerdem hat er 2014 Paulie Malignaggi, Julio Diaz und Devon Alexander auf überzeugende Weise besiegt und dabei gegen Diaz wesentlich besser als Thurman ausgesehen. Dieser macht mit dem bevorstehenden Kampf gegen Shawn Porter endlich einen Schritt in der Qualität seiner Gegner voran, wie dies schon lange von ihm gefordert wird. [1]

Keith Thurman redet gern und viel, doch sind seine Ambitionen, er wolle den Rang Floyd Mayweathers an der Spitze des Weltergewichts übernehmen, auf wenig Gegenliebe gestoßen. Bloßes Wunschdenken macht noch keinen Platzhirsch, solange er den gefährlichsten Rivalen aus dem Weg geht. Die Herzen der Fans hat er noch nicht gewonnen, wozu es nun einmal spektakulärer Kämpfe gegen die hochklassigsten Kontrahenten und natürlich eines geschickten Managements bedarf, das ein Gespür für Rivalitäten und Fehden hat, die das Publikum liebt.

Für Keith Thurman und Shawn Porter sind die Schuhe Floyd Mayweathers noch viel zu groß, was freilich auch für Timothy Bradley, Kell Brook, Danny Garcia oder Amir Khan gilt, die allen anderen voran in die Bresche springen möchten. Fest steht indessen, daß sich der Verlierer des Kampfs zwischen Thurman und Porter erst einmal hinten anstellen muß, wenn goldene Zukunftspläne geschmiedet werden.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/01/shawn-porter-fight-keith-thurman-312/#more-204232

21. Januar 2016


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