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MELDUNG/1813: Scheitern als Vermarktungskonzept (SB)



Arthur Abraham verteidigt seinen Titel gegen Martin Murray

Dreimal hat Martin Murray vergeblich um die Weltmeisterschaft im Mittelgewicht gekämpft. Nun will Arthur Abraham dafür sorgen, daß der Brite auch im Supermittelgewicht leer ausgeht. Der Berliner verteidigt den WBO-Titel am 21. November in Hannover gegen den bislang glücklosen Herausforderer, der sich bei seinem ersten Auftritt in Deutschland im Jahr 2011 unentschieden von Felix Sturm trennte. Drei Kämpfe später traf Murray 2013 in Buenos Aires auf den damaligen WBC-Weltmeister Sergio Martinez, dem er nur knapp nach Punkten unterlag. Es folgten vier Siege, die den Briten attraktiv für Gennadi Golowkin machten, dem er sich am 21. Februar in Monte Carlo in der elften Runde geschlagen geben mußte.

Nach dieser neuerlichen Niederlage unterschrieb Murray beim führenden britischen Promoter Eddie Hearn von Matchroom Sport und stieg ins Supermittelgewicht auf, wo er seit Juni drei Auftritte in Folge für sich entschieden hat. Für den 33jährigen Herausforderer, der an Nummer 15 der aktuellen WBO-Rangliste geführt wird, stehen 32 Siege, zwei Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche.

Der zwei Jahre ältere Arthur Abraham, der seinen Titel in Hannover zum fünften Mal verteidigt, kann mit 43 gewonnenen und vier verlorenen Kämpfen aufwarten. Er hat sich zweimal gegen Murrays Landsmann Paul Smith durchgesetzt und zuletzt im Juli das dritte von insgesamt vier Duellen mit seinem Dauerrivalen Robert Stieglitz aus Magdeburg zu seinen Gunsten entschieden, dem er in der sechsten Runde das Nachsehen gab.

Der Berliner bezeichnet Murray als starken Gegner, der in zwei seiner drei Titelkämpfe um den verdienten Sieg gebracht worden sei. Der Brite sei ein würdiger Herausforderer und werde ihm einen spannenden Kampf ganz nach dem Geschmack des Publikums liefern. Verglichen mit Paul Smith sei dies ein wesentlich erfahrenerer Kontrahent, der auf einem höheren Level gekämpft habe.

Abrahams Promoter Kalle Sauerland spricht von einem spektakulären Duell zweier Krieger. Der Weltmeister habe seine Kritiker längst zum Schweigen gebracht und ein ums andere Mal bewiesen, daß man in dieser Gewichtsklasse nicht um ihn herumkomme. Sein letzter Auftritt gegen Stieglitz habe eindrucksvoll unterstrichen, daß er dem Boxsport noch sehr viel mehr zu geben habe. Martin Murray sei ein Herausforderer, dem man allen Respekt zolle, da er auf Reisen gegangen und sich mit den Besten gemessen habe. Nur durch unglückliche Umstände sei er nicht schon vor Jahren Weltmeister geworden. Der bevorstehende Kampf sei womöglich die letzte Titelchance des Briten, der nichts unversucht lassen werde, sein Bestes zu einer faszinierenden Auseinandersetzung beizutragen.

Murray wiederum gibt sich euphorisch angesichts dieser unverhofften Gelegenheit, die seine Pläne beim Aufstieg ins Supermittelgewicht kröne. Der Weltmeister sei sich seiner Sache offenbar sicher, da er sich andernfalls wohl nicht für diese Option entschieden hätte, so der Brite, der mit seiner Einschätzung nicht falsch liegen dürfte. Abraham sei ein großartiger Champion und vor seinem heimischen Publikum schwer zu besiegen. Er sei jedoch zuversichtlich, gemeinsam mit seinem Trainer Oliver Harrison eine Strategie zu entwerfen, wie man dem Weltmeister den Gürtel abnehmen könne. Er habe nie Probleme damit gehabt, im Ausland um einen Titel zu kämpfen, was auch in diesem Fall nicht anders sei. Zudem rechne er fest damit, das zahlreiche britische Fans anreisen und für eine phantastische Athmosphäre sorgen würden.

Dem fügt Eddie Hearn hinzu, er sei hocherfreut, Murray diese Titelchance einräumen zu können, um die ihn dessen Team seit Beginn ihrer Zusammenarbeit gebeten habe. Abraham und die Sauerlands hätten seines Erachtens einen großen Fehler gemacht, diesen Gegner für eine freiwillige Titelverteidigung auszuwählen. Das werde sich als Eigentor erweisen, glaube er doch fest daran, daß man den Titel aus Deutschland mit nach Hause nehmen werde. [1]

Daß die beiderseitigen Promoter, die seit geraumer Zeit im Rahmen eines deutsch-britischen Kooperationsvertrags zusammenarbeiten, das aktuelle Produkt ihrer Allianz nach besten Kräften als hochklassiges Duell bewerben, liegt auf der Hand. Nüchtern betrachtet gilt Abraham als schwächster der aktuellen Weltmeister im Supermittelgewicht, während Murray bei seinem letzten Auftritt gegen Golowkin zwar lange durchgehalten, aber allenfalls anfangs ernsthaft um den Sieg mitgekämpft hat. Danach suchte er das Weite, klammerte häufig und verschanzte sich hinter seiner hochgezogenen Doppeldeckung, bis ihn der Kasache wie für einen solchen Fall angekündigt mit Körpertreffern ausschaltete. Seither hat sich der Brite gegen Jose Miguel Torres, Mirzet Bajrektarevic und George Beroschwili durchgesetzt, deren Namen selbst Experten wenig sagen dürften. [2] So gesehen könnte man die Titelverteidigung Arthur Abrahams als einen Ansatz charakterisieren, sich auf überschauberem Terrain eine Zukunft als Weltmeister zu sichern, indem man sich der überhöhten Vergangenheit eines Kontrahenten bedient.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13828709/arthur-abraham-defend-title-vs-martin-murray-nov-21

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/10/martin-murray-gets-4th-world-title-shot-against-arthur-abraham/#more-200082

8. Oktober 2015


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