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MELDUNG/1694: Tyson Fury hat wieder einmal Oberwasser (SB)



Klitschkos durchwachsener Auftritt läßt den Briten hoffen

Wie nicht anders zu erwarten, versichert Tyson Fury, Wladimir Klitschkos Sieg im Kampf gegen Bryant Jennings habe ihn überhaupt nicht beeindruckt. Wenngleich der Brite, dessen großes Mundwerk seine imposante Statur noch übertrifft, auch im Falle einer glanzvollen Titelverteidigung des Ukrainers kaum anders argumentiert hätte, war der mühsame Auftritt des Weltmeisters im Madison Square Garden natürlich Wasser auf die Mühlen des mutmaßlich nächsten Herausforderers.

Wie der in 24 Profikämpfen ungeschlagene Fury versicherte, habe Klitschko nichts zuwege gebracht, was ihn beunruhigen könnte. Der Ukrainer ging bei seinem ungefährdeten Punktsieg kein Risiko ein und kontrollierte Jennings weitgehend mit dem Jab. Hingegen kam seine Rechte eher selten ins Spiel, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, daß sich der körperlich unterlegene Herausforderer weitgehend auf die Defensive beschränkte, so daß er dem Champion kaum ein Ziel für einen Volltreffer bot.

Sollte Klitschko seine Meinung nicht ändern, wird er im Herbst entweder in Deutschland oder England vor zweifellos ausverkauftem Haus gegen den 2,06 m großen Hünen antreten. Man werde ja sehen, wie es dem Weltmeister ergeht, wenn er auf einen körperlich ebenbürtigen, formstarken, schnelleren und schlaggewaltigen Kontrahenten - nämlich Tyson Fury trifft, stellte der Brite sein Licht einmal mehr nicht unter den Scheffel. Er sei höchst zuversichtlich, die Ära Klitschko zu beenden und seine eigene zu eröffnen. [1]

Klitschkos Manager Bernd Bönte hat bereits angekündigt, daß er die Verhandlungen mit dem Lager des Briten umgehend aufnehmen werde. Während der Ukrainer erst einmal in Urlaub geht, bleibt es Bönte vorbehalten, Fury am Verhandlungstisch auf beiderseits akzeptable Konditionen einzuschwören, was nicht einfach sein dürfte. Für Wladimir Klitschko ist der Pflichtherausforderer beim Verband WBO lediglich eine weitere Zwischenstation vor einem möglichen Duell mit Deontay Wilder, der zu Recht als seit Jahren gefährlichster Kandidat einzuschätzen ist, den der Ukrainer vor die Fäuste bekommen könnte.

Der unbesiegte US-Amerikaner ist Weltmeister nach Version des Verbands WBC und hat damit weit mehr erreicht als Tyson Fury, der sich bislang nur gegen eine vergleichsweise schwache Konkurrenz durchsetzen konnte. Sollte Klitschko gegen den Briten verlieren, müßten die Karten natürlich neu gemischt werden. Ob Wilder dem Briten in diesem Fall eine Chance eröffnen würde, um den WBC-Titel zu kämpfen, hinge dann nicht zuletzt von seinem Berater Al Haymon ab, der für die bei ihm unter Vertrag stehenden Boxer nach strategischen Gesichtspunkten die Fäden zieht, indem er vor allem seinen eigenen Einfluß Zug um Zug weiter ausbaut.

Spekulationen, Wladimir Klitschko werde gegen Tyson Fury verlieren, wenn er dabei nicht besser als gegen Kubrat Pulew und Bryant Jennings kämpfe, entbehren bislang einer fundierten Begründung. Der Brite bietet dem Ukrainer ein leichteres Ziel als der kleinere und ständig auspendelnde Jennings. Zudem verfügt Fury trotz seiner imposanten Statur nur über eine vergleichsweise geringe Schlagwirkung und dürfte Klitschko auch in technischer Hinsicht klar unterlegen sein. Daß sich der Weltmeister dabei verausgaben und seinen 39 Jahren Tribut zollen müßte, ist eine bloße Mutmaßung, für die es kaum Anhaltspunkte in den letzten Auftritten Klitschkos gibt.

Wenngleich der Ukrainer erklärtermaßen unzufrieden war, sich eine triumphale Rückkehr in die USA verbaut zu haben, hatte er doch das Erforderliche getan, um seine Gürtel sicher zu verteidigen. Man könnte wie immer einige Schwergewichtler wie Lucas Browne, Chris Arreola, Andy Ruiz oder Carlos Takam nennen, gegen die der Weltmeister noch nicht gekämpft hat. Daraus abzuleiten, er gehe gefährlichen Kontrahenten aus dem Weg, hat jedoch weder Hand noch Fuß. Klitschkos Sicherheitsboxen ist nicht schön anzusehen, wenig riskant und mithin kein ausgesprochenes Ruhmesblatt des zeitgenössischen Boxsports. Seine inzwischen neun Jahre währende Regentschaft läßt jedoch darauf schließen, daß der Konkurrenz außer großen Worten im Vorfeld des Kampfs nichts einfällt, wie diese Dominanz zu brechen sei.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/04/fury-unimpressed-with-klitschkos-win-over-jennings/#more-191613

27. April 2015


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