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MELDUNG/1651: Gelungene Premiere beim Sender NBC (SB)



Keith Thurman dominiert Robert Guerrero

Erstmals seit 30 Jahren war beim überregionalen Sender NBC wieder zur besten Sendezeit eine Boxveranstaltung zu sehen. Diese war Teil eines strategischen Entwurfs des Beraters Al Haymon, mit seinem Format "Premier Boxing Champions" den engen Rahmen des Bezahlfernsehens zu sprengen und landesweit Flagge für diesen Sport zu zeigen, um künftig ein breiteres Publikum für das Profiboxen zu gewinnen. Den Hauptkampf in der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas trugen vor mehr als 10.000 Zuschauern Keith Thurman und Robert Guerrero im Weltergewicht aus, wobei ihr hochklassiges und spannungsgeladenes Duell die Erwartungen erfüllte.

Vor dem Kampf füllte nicht wie üblich die gesamte Entourage der Kontrahenten den Ring, da man in einer ausgeklügelten Regie nur die beiden Boxer und Trainer präsentierte, während ein Sprecher aus dem Off die Rivalen ankündigte. Daß Thurman den regulären Titel der WBA verteidigte, wurde dabei mit keinem Wort erwähnt. Offenbar versucht Haymon, die Bedeutung der Verbände herunterzuspielen, was kursierenden Spekulationen neue Nahrung gab, er plane die Einführung eines eigenen Systems.

Thurman begann furios und machte Jagd auf seinen Gegner, den er mit heftigen Schlägen zu Kopf und Körper traktierte. Offensichtlich strebte er einen frühzeitigen Niederschlag an, den Guerrero jedoch trotz schwerer Bedrängnis zu verhindern wußte. Dieser revanchierte sich im zweiten Durchgang mit einer wuchtigen Rechten, die Thurman freilich gut wegsteckte. Beide hatten ihren Rhythmus gefunden, als Guerrero dem Kontrahenten im Eifer des Gefechts mit einem versehentlichen Kopfstoß eine Schwellung an der linken Stirnseite verpaßte. Wenngleich die Verletzung schlimm aussah, hinderte sie Thurman nicht daran, weiterhin aggressiv zu boxen und Guerrero des öfteren mit seinen Schlägen zu erschüttern.

Zu Ende der sechsten Runde taumelte der 31jährige Kalifornier in die Seile, der den Schlagabtausch nicht scheute, aber dabei erheblich mehr einsteckte, als er austeilen konnte. Inzwischen deutlich gezeichnet, feuerte auch er heftige Schläge ab, die jedoch häufig das Ziel verfehlten. Im neunten Durchgang erzielte der fünf Jahre jüngere Thurman mit einer Kombination einen schweren Niederschlag, von dem sich sein Gegner nur mit größter Mühe erholte. Zur Freude des begeisterten Publikums wendete sich in der zehnten Runde zumindest für eine kurze Frist das Blatt, und in der höchst turbulenten zwölften feuerten die Zuschauer Guerrero mit Sprechchören an, während die beiden Boxer einander bis zum Schlußgong beharkten.

Da Keith Thurman den Kampf dominiert und seinen Gegner wesentlich häufiger getroffen hatte, wurde er zum klaren Sieger nach Punkten erklärt (120:107, 118:109, 118:108). Laut der Statistik von CompuBox hatte er von 598 Schlägen 211 ins Ziel gebracht, was einer Quote von 35 Prozent entsprach. Hingegen standen für Guerrero bei 497 Versuchen lediglich 104 Treffer zu Buche, womit er auf 21 Prozent kam. Thurman, der eine Börse von 1.225.000 Dollar einstreichen konnte, blieb damit auch in seinem 25. Profikampf ungeschlagen, Guerrero hat nun 32 Siege, drei Niederlagen sowie ein Unentschieden vorzuweisen.

Thurman würdigte Guerrero im anschließenden Interview als einen großartigen Kämpfer. Der frühere Weltmeister und erfahrene Veteran habe sein Können unter Beweis gestellt. Allerdings habe er in den anfänglichen Runden mit einem stärkeren Druck gerechnet, was wohl darauf zurückzuführen gewesen sei, daß sein Gegner etwas bedachtsam zu Werke ging, um sich nicht frühzeitig zu verausgaben. Dieser unglaubliche Kampf sei eine unschätzbare Erfahrung für ihn gewesen.

Umgekehrt räumte auch Guerrero unumwunden ein, daß Thurman zu den allerbesten Akteuren des Weltergewichts gehöre. Dieser habe seine Taktik konsequent umgesetzt und ihn mit etlichen schweren Schlägen getroffen. Er ziehe seinen Hut vor diesem Gegner. Sein Vater und Trainer Ruben Guerrero bezeichnete seinen Sohn als Champion, der gegen einen der stärksten Kontrahenten in dieser Gewichtsklasse angetreten sei. [1]

Dank dieses Erfolgs hat Keith Thurman seine Kritiker vorerst zum Schweigen gebracht, die ihm nach seinem letzten Kampf vorhielten, er laufe vor seinen Gegnern weg und gewinne nur durch seine Beweglichkeit. Diesmal suchte er von Beginn an den Schlagabtausch und entfaltete dabei eine enorme Wirkung, so daß man von einer Rehabilitation sprechen könnte. Ob er damit tatsächlich reif für ein Duell gegen Floyd Mayweather oder Manny Pacquiao ist, steht jedoch auf einem anderen Blatt und dürfte in den kommenden Tagen und Wochen noch kontrovers diskutiert werden.

Die Premiere Al Haymons im kostenlosen Fernsehen, für die er teure Sendezeit gekauft hatte, war jedenfalls beim Höhepunkt des Abends ein voller Erfolg. Beide Boxer haben ihr Bestes gegeben und zweifellos bei zahlreichen sportinteressierten Zuschauern Interesse geweckt. Haymons Vertrag mit NBC sieht für dieses Jahr insgesamt 20 Veranstaltungen vor, von denen sechs zur besten Sendezeit übertragen werden sollen. Eine Fortsetzung für 2016 ist bereits fest vereinbart, wobei der Berater seine Serie "Premier Boxing Champions" auch bei mehreren anderen Sendern untergebracht hat. Natürlich ist er weiterhin auch beim Bezahlsender Showtime vertreten und weitet so seinen Einfluß auf die gesamte Branche Zug um Zug aus.


Fußnote:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/12442553/keith-thurman-dominates-robert-guerrero-retain-welterweight-world-title

9. März 2015


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