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MELDUNG/1584: Dieser Herausforderer motiviert den Champion nicht (SB)




Anthony Dirrell hält nicht viel von George Groves

Anthony Dirrell ist nach wie vor der Meinung, daß George Groves keinen Kampf gegen ihn verdient habe. Um seine mangelnde Motivation zu begründen, den WBC-Titel im Supermittelgewicht gegen diesen Herausforderer zu verteidigen, führt er die beiden vorzeitigen Niederlagen des jungen Briten gegen dessen Landsmann Carl Froch an. Dennoch beschloß das World Boxing Council, den Sieger eines Ausscheidungskampfs zwischen Groves und dem wenig bekannten Franzosen Christopher Rebrasse zum neuen Pflichtherausforderer zu küren. Der Brite setzte sich durch und gewann danach noch einen Aufbaukampf gegen Denis Douglin, der ebenfalls nicht namhaft genug war, um ein Duell mit dem Champion zu rechtfertigen.

George Groves, der 21 Auftritte gewonnen und zwei verloren hat, wird beim WBC (1), bei der IBF (4) und der WBA (6) in aussichtsreichen Positionen der Rangliste geführt. Anthony Dirrell, für den 27 Siege sowie ein Unentschieden zu Buche stehen, ist verständlicherweise nicht gerade motiviert, sich diesem Herausforderer zu stellen. Der Brite konnte zwei Titelchancen in Folge nicht nutzen und wurde von Froch in beiden Fällen auf die Bretter geschickt. Seither scheint Groves sein früheres Feuer verloren zu haben, denn gegen Rebrasse und Douglin boxte er sich eher mühsam als im Sturm zum Sieg.

Das alles wäre für Dirrell vermutlich nur ein marginales Problem oder sogar eine willkommene Gelegenheit, sich auf leichtem Weg schadlos zu halten, stellte der Kampf gegen Groves nicht womöglich spärliche Einkünfte in Aussicht. In den USA lockt dieser Herausforderer kaum einen Fan hinter dem Ofen hervor, doch vor großer Kulisse in England möchte Dirrell um so weniger antreten, als seinem Bruder Andre seinerzeit gegen Carl Froch von den Punktrichtern übel mitgespielt wurde.

Er sei schlichtweg nicht an Groves interessiert, der nach zwei vorzeitigen Niederlagen keine solche Chance bekommen dürfe, so Dirrell. Der Brite sei ein guter Boxer, müsse sich aber zunächst einmal mit bedeutenden Erfolgen rehabilitieren. Da der Verband jedoch keine Anstalten macht, diesem Einwand Rechnung zu tragen, und Dirrell offenbar nicht die Absicht hat, den Titel niederzulegen, wird es wohl irgendwann im kommenden Jahr zu diesem Duell kommen.

Anthony Dirrell kann seinen Gürtel Anfang 2015 freiwillig gegen einen Herausforderer seiner Wahl verteidigen, müßte sich danach aber mit George Groves befassen. Sollte es zu einer Versteigerung der Austragungsrechte kommen, was wahrscheinlich ist, hätte Sauerland Event als Promoter des Briten gute Chancen, sich mit dem Höchstgebot durchzusetzen und den Kampf nach England zu holen. In diesem Fall müßte der US-Amerikaner in den sauren Apfel beißen, der ihm freilich durch eine recht hohe Börse versüßt würde. Und da er vermutlich hofft, diesen Gegner vorzeitig besiegen zu können, wird es wohl auf einen Titelkampf in London hinauslaufen.

Natürlich könnte Dirrell auch auf Zeit spielen und hoffen, daß Groves unterdessen einen weiteren Aufbaukampf bestreitet und ihn verliert. Das ist jedoch höchst unwahrscheinlich, da man dem Briten gegebenenfalls einen leicht verdaulichen Kandidaten vorsetzen wird. George Groves hatte gegen Froch anfangs eine gute Figur gemacht, bekam jedoch später gewisse Konditionsprobleme und erwies sich als nicht allzu widerstandsfähig. Anthony Dirrell ist nicht nur schnell, sondern kann auch gewaltig zuschlagen, so daß der Brite den wuchtigen Treffern früher oder später zum Opfer fallen dürfte. Deshalb braucht der WBC-Weltmeister auch einen Auftritt in London nicht zu fürchten, da der Herausforderer schon über sich hinauswachsen und noch besser als im ersten Kampf gegen Froch kämpfen müßte, um das Ende der zwölften Runde gegen Dirrell zu erleben. [1]

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Deontay Wilder will kurzen Prozeß machen

Der US-amerikanische Schwergewichtler Deontey Wilder schießt sich verbal auf den Kanadier Bermane Stiverne ein, dem er am 17. Januar in Las Vegas den WBC-Gürtel abnehmen will. Wilder war bislang nicht für sonderlich abfällige Äußerungen über seine Gegner bekannt, scheint sich jedoch in Bewerbung seines Titelkampfs zunehmend der ortsüblichen lautsprecherischen Gepflogenheiten zu bedienen. Wie er nun erklärt, sei er am gefährlichsten, wenn es persönlich werde, und das sei nun der Fall. Er kündige einen verheerenden Niederschlag für die zweite Runde an und garantiere, daß der Kampf nicht länger als vier Durchgänge dauern werde.

Damit stellt der hochgewachsene US-Amerikaner, der seine 32 Kämpfe ausnahmslos innerhalb der ersten vier Runden gewonnen hat, den Auftritt gegen den 36jährigen Weltmeister in eine Reihe mit seinen bisherigen Darbietungen. Stiverne, für den 24 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden zu Buche stehen, ist jedoch wesentlich erfahrener und versierter als sämtliche Kontrahenten, die Wilder bislang vor die Fäuste bekommen hat. Die Kernfrage lautet mithin nach wie vor, ob Wilder tatsächlich so gut ist, wie seine erstaunliche Bilanz glauben macht, oder bislang allzu gefährlichen Gegnern aus dem Weg gegangen ist.

Stiverne bekam in seinem zweiten Kampf gegen Chris Arreola im Mai durchaus Probleme, nutzte dann aber in der sechsten Runde eine Unachtsamkeit seines Gegners für einen Volltreffer, so daß er auch aus der Revanche als vorzeitiger Sieger hervorging. Wenn Arreola dem Kanadier zusetzen konnte, müßte das Wilder um so mehr gelingen, da er eine noch größere Schlagwirkung aufbieten kann. Indessen sind solche Quervergleiche natürlich recht fragwürdig, da es beim Boxen ganz wesentlich darauf ankommt, wie die beiderseitigen Kampfesweisen ineinander greifen und welcher taktischer Varianten sich die Kontrahenten bedienen. Wilder hat noch nie einem Gegner mit der Erfahrung Stivernes gegenübergestanden, während der Kanadier ein Mittel gegen die Größe und Schlagwirkung des Herausforderers finden muß. Beide navigieren daher in unbekannten Gewässern, was zweifellos den besonderen Reiz dieses Titelkampfs ausmacht. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/12/anthony-dirrell-not-excited-about-defending-against-george-groves/#more-185780

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/12/deontay-wilder-predicts-2nd-round-ko-over-bermane-stiverne-on-117/#more-185725

20. Dezember 2014