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MELDUNG/1468: Ob es an der tropischen Hitze lag? (SB)




Robert Stieglitz siegt auf kuriose Weise

Vor mehr als 4.200 Zuschauern in der Dessauer Anhalt Arena hatten die Akteure des SES-Teams nicht nur mit ihren Gegnern, sondern auch den tropischen Temperaturen, die im Ring zeitweise 50 Grad erreichten, schwer zu kämpfen. Der frühere Weltmeister Robert Stieglitz, der seit dem Verlust des WBO-Titels im Supermittelgewicht an Arthur Abraham in ihrem dritten Duell einen neuen Anlauf nimmt, hat die erste Hürde genommen. Er gewann gegen Sergej Chomitski aus Minsk durch technischen K.o. in der zehnten Runde, doch kam diese Wertung unter höchst kuriosen Umständen zustande.

Gleich zu Beginn des Kampfes unterstrich der Weißrusse, daß er nicht als Kanonenfutter angereist war. Mit schnellen Kombinationen setzte der 39jährige den Favoriten unter Druck, der offenbar Fehler zu vermeiden suchte und ungewohnt defensiv zu Werke ging. So lag Chomitski zur Mitte des Kampfes leicht in Front. Danach kam Stieglitz jedoch immer besser in Schwung und ließ sich auch von einer Rißwunde am rechten Auge, die er sich in der sechsten Runde zuzog, nicht beirren. Er setzte dem Gegner immer häufiger mit Treffern zu und arbeitete einen Punktvorsprung heraus.

In der achten Runde schränkte ein Cut auf dem Kopf auch den Weißrussen ein, der nun immer häufiger Auszeiten suchte. Nach zweimaliger Unterbrechung schaffte es seine Ecke nicht, die Tapes an den Handschuhen zu befestigen, die sich immer wieder lösten. Als die Betreuer Chomitskis anfangs des zehnten Durchgangs auch noch die signierten Bandagen weiter lösten, riß dem polnischen Ringrichter Lagosz Zbigniew angesichts der dritten Unterbrechung der Geduldsfaden: Er erklärte den Kampf für beendet und Robert Stieglitz zum Sieger, der damit durchaus verdient, jedoch auf ungewöhnliche Weise den interkontinentalen Titel der WBO errang.

Wie der frühere Champion im anschließenden Interview erklärte, habe er einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem erneuten Kampf um die Weltmeisterschaft bewältigt. Er habe es wie erwartet mit einem unbequemen Gegner zu tun gehabt und einige Zeit gebraucht, um in den Kampf zu finden. Ein solches Theater mit den Tapes, bei dem die Ecke Chomitskis nur Zeit schinden wollte, habe er noch nie erlebt.

Sein Promoter Ulf Steinforth hob hervor, daß man den höchstplazierten der WBO-Rangliste als Gegner verpflichtet habe, der sich Stieglitz stellen wollte oder konnte. Nun strebe man das Ziel an, Pflichtherausforderer zu werden und im ersten Quartal 2015 gegen den Weltmeister anzutreten. Es könne andererseits aber auch zu einem Duell mit Felix Sturm kommen, das viele Zuschauer begrüßen würden. [1]

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Christina Hammers Sieg nachträglich annulliert

Auch Christina Hammers Vorhaben, in der dritten Gewichtsklasse Weltmeisterin zu werden, nahm einen völlig unerwarteten Verlauf. Die Dortmunderin trat erstmals im Halbmittelgewicht an, wo sie auf die kampfstarke Französin Anne Sophie Mathis traf. Wer sich von dem Duell zweier außergewöhnlicher Boxerinnen einen Höhepunkt des Abends in Dessau erhofft hatte, kam nur in einer ansehnlichen ersten Runde auf seine Kosten. Danach ging der erbittert geführte Kampf in ein fortgesetztes Klammern, Halten und Schieben über, das von zahlreichen unsauberen Aktionen geprägt war.

Anne Sophie Mathis sprang immer wieder in die Gegnerin hinein, um deren Reichweitenvorteile zunichte zu machen. Andererseits gelang es Christina Hammer nicht, diesen Angriffen mit klaren boxerischen Mitteln zu begegnen, so daß die Zuschauer des öfteren einen Ringkampf zu sehen bekamen. In der fünften Runde ging die Dortmunderin nach einer wilden Rangelei an den Seilen schwer angeschlagen zu Boden, da die Französin gehalten und auf den Hinterkopf geschlagen hatte. Daraufhin beendete der Ringrichter den Kampf durch Disqualifikation. Christina Hammer wurde zunächst zur neuen Weltmeisterin der WBO und WBF in diesem Limit erklärt, nachdem sie zuvor bereits Titel im angestammten Mittelgewicht sowie im Supermittelgewicht gewonnen hatte.

Wie die Dortmunderin mit gemischten Gefühlen einräumte, sei es ein unsauberer Kampf gewesen, in dem beiderseits nicht gerade die besten Leistungen gezeigt wurden. Angesichts der unfairen Aktion ihrer Gegnerin mache sie der Titel nicht glücklich, und sie wünsche sich, die Sache noch einmal richtig zu klären. Promoter Ulf Steinforth zog ungehalten Bilanz, daß man nach der guten ersten Runde ein Ringen und Halten erlebt habe. Das unrühmliche Ende dieses Kampfes rufe bei ihm Zweifel wach, ob eine Revanche Sinn mache oder überhaupt sein müsse.

Inzwischen hat der Weltverband WBF das Ergebnis nachträglich in einen Kampf ohne Wertung umgewandelt. Damit bekommt die Französin ihren Gürtel zurück und bleibt Weltmeisterin nach Version dieses Verbands. Die WBF gab dem Einspruch der Titelverteidigerin statt, die sich durch das Urteil ungerecht behandelt fühlte. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die WBF eine Videoanalyse der umstrittenen Szene an und warf Ringrichter Manfred Küchler vor, das Halten Christina Hammers nicht geahndet zu haben. Ein kurzfristiger Rückkampf wird empfohlen. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.sesboxing.de/?lang=de&site=news&index=20140727170118_Newsflash&title=%E2%80%9ESuper%20Fight%20Night%E2%80%9C%20Dessau%20-%20Ergebnisse%20und%20O-T%C3%B6ne

[2] http://www.boxen-heute.de/artikel/6246-hammer-vs-mathisboxverband-wbf-aendert-das-urteil-in-no-contest.html

29. Juli 2014