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MELDUNG/1408: Golowkin trennt die Spreu vom Weizen (SB)




Pflichtverteidigung gegen den Australier Jarrod Fletcher

Gennadi Golowkin ist der führende Boxer im Mittelgewicht und gehört zu den weltbesten Akteuren aller Gewichtsklassen. Der in Stuttgart lebende Kasache steht bei K2 unter Vertrag, ist Weltmeister der WBA sowie der kleinen IBO, in 29 Profikämpfen ungeschlagen und hat nicht nur 26 Gegner vorzeitig besiegt, sondern dieses Kunststück bei seinen letzten 16 Auftritten ausnahmslos wiederholt. Die Zahlen als solche sagen natürlich wenig darüber aus, wie gut ein Boxer tatsächlich ist. Während jedoch viele Kandidaten mit makelloser Bilanz von ihren Managern und Promotern mit Fallobst gefüttert werden, bis sie schließlich doch eines Tages Farbe bekennen müssen, geht Golowkin keinem Gegner aus dem Weg. Zumindest ist kein Fall bekannt, in dem der Kasache eine Konfrontation vermieden hätte.

Stets waren es von ihm zum Kampf aufgeforderte Rivalen, die unter allerlei Vorwänden dieser riskanten Begegnung eine Absage erteilten. Als Felix Sturm noch Superchampion der WBA war und der aufstrebende Golowkin des öfteren ein Duell vorschlug, zog der Kölner wohlweislich schwächere Herausforderer vor. Nachdem Daniel Geale den Superchampion abgelöst hatte, erbte er die von Sturm vermiedene Pflicht, sich Golowkin zu stellen. Da der Australier damals zugleich IBF-Champion war, legte er den frischgewonnenen WBA-Gürtel lieber nieder, als dem Kasachen in die Quere zu kommen.

Auch Julio Cesar Chavez dürfte unter die Kategorie der namhaften Rivalen fallen, die angeblich keine Angst vor Golowkin haben, aber letzten Endes einen Kampf gegen ihn scheitern lassen. Der Mexikaner begrüßte ein Angebot seines Promoters Top Rank, am 12. Juli mit dem Kasachen in den Ring zu steigen. Da beide Boxer ausgesprochene Quotenbringer sind, wäre dieses Duell auch für den Sender HBO eine lukrative Option gewesen. Weil Chavez, der früher WBC-Weltmeister im Mittelgewicht war, inzwischen ein Limit höher boxt, erklärte sich Golowkin bereit, erstmals im Supermittelgewicht anzutreten. Dann bestand der Mexikaner jedoch auf eine Verschiebung des Termins um eine Woche, da er aufgrund zweier Verletzungen mit der Vorbereitung im Rückstand sei. Inzwischen ist eingetreten, was sich angedeutet hatte: Der angekündigte Kampf zwischen Chavez und Golowkin findet nicht statt, wobei die genauen Gründe bislang ungeklärt sind.

Noch am letzten Wochenende wurde der Kasache mit Daniel Geale in Verbindung gebracht, da dessen geplanter Kampf gegen Matthew Macklin ebenfalls nicht mehr zustande kommt. Inzwischen hat jedoch die WBA interveniert, mit Jarrod Fletcher einen anderen Australier über Nacht zum Pflichtherausforderer befördert und beide Parteien aufgefordert, sich binnen 30 Tagen auf die Konditionen eines Titelkampfs zu einigen. Daher muß Gennadi Golowkin mit einem Gegner in den Ring steigen, der als krasser Außenseiter gilt. Fletchers Manager Wilcock glaubt, der Kampf könnte am 19. oder 26. Juli im Madison Square Garden stattfinden, und will für "kein Geld der Welt darauf verzichten und Geale den Vortritt lassen". Golowkin müsse entweder zustimmen oder den Titel abgegeben.

Jarrod Fletcher, der 18 Kämpfe gewonnen und einen verloren hat, konnte seine gute Plazierung in der WBA-Rangliste zuletzt mit einem Sieg über den Ukrainer Max Bursak festigen. Seine einzige Niederlage bezog er im September 2012 gegen den Briten Billy Joe Saunders, der ihn in der zweiten Runde besiegte. Wilcock will Einwände gegen die Qualität seines Boxers nicht gelten lassen und erklärt, daß es damals zwar eine schnelle Niederlage, aber auch das erste Mal in insgesamt 200 Amateur- und Profikämpfen gewesen sei, daß Fletcher gewackelt habe. Die Niederlage habe Jarrod gezeigt, daß nicht immer alles glatt laufen kann, und ihn letzten Endes zu einem besseren Kämpfer gemacht, der noch entschiedener zu Werke gehe. [1]

Wenngleich nachvollziehbar anmutet, warum man im Lager des Australiers diese unverhoffte Titelchance und die damit verbundenen Einkünfte nicht preisgeben will, ist doch nicht abzusehen, wie Fletcher diesen Kampf gewinnen könnte. Jarrod werde nicht ziellos nach vorne rennen, mit gesenktem Kopf und bereit einzustecken, wie die letzten Gegner Golowkins. Er müsse in Bewegung bleiben und gut boxen, lautet die vage Hoffnung Wilcocks, die sich eher nach einem dürftigen Fluchtplan, als der Taktik eines aussichtsreichen Herausforderers anhört.

Gennadi Golowkin sei technisch versiert, konditionsstark, schlage gehörig zu und könne selbst viel einstecken, stellt Sergio Martinez dem Kasachen ein nahezu perfektes Zeugnis aus. Der Argentinier ist WBC-Weltmeister im Mittelgewicht und galt bislang als König dieser Gewichtsklasse. Jetzt sei es an der Zeit, mit Golowkin in den Ring zu steigen, da er in ein paar Jahren noch erfahrener und gefährlicher sein werde. Für Martinez scheint unabweislich festzustehen, daß es zu diesem Kampf der beiden Weltmeister kommen muß, weil kein anderer in diesem Limit das Publikum stärker in seinen Bann schlagen und die ewige Frage nach dem wahren Champion klären kann.

Der Argentinier bekommt es bei seiner Rückkehr nach einer langen Verletzungspause am 7. Juni im New Yorker Madison Square Garden mit dem populären Puertoricaner Miguel Cotto zu tun. Sobald dies erledigt sei, könne er sich auf einen Vereinigungskampf gegen Gennadi Golowkin konzentrieren, erklärt Martinez zuversichtlich. Dabei hat er eine wesentlich härtere Nuß als der Kasache zu knacken, da man den Auftritt Fletchers wohl daran bemessen wird, wie viele Runden er bis zur vorzeitigen Niederlage durchgehalten hat.


Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/jarrod-fletcher-pflichtherausforderer-von-gannady-golovkin-32174

17. Mai 2014