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MELDUNG/960: Taktisch diszipliniert setzt sich Tyson Fury durch (SB)




Kevin Johnson unterliegt in Belfast klar nach Punkten

Die Zuschauer in Belfast bekamen einen Tyson Fury zu sehen, der sie im Gegensatz zu seinen früheren meist turbulenten Auftritten diesmal nicht über Gebühr begeistern konnte, dafür aber taktisch diszipliniert boxend einen klaren und wichtigen Punktsieg davontrug. So behielt der nunmehr in 20 Profikämpfen ungeschlagene britische Schwergewichtler nicht nur seine weiße Weste, sondern konnte auch in dem vom WBC zum Ausscheidungskampf erklärten Duell den durchaus namhaften Kevin Johnson sicher in die Schranken weisen. Der US-Amerikaner war im Dezember 2009 mit Vitali Klitschko über die volle Distanz gegangen, was schon etwas heißen will. Gegen den 24 Jahre alten Briten kam er jedoch mit seinen gefährlichen Kontern nur selten zum Zuge und bezog nach zwölf Runden seine dritte Niederlage, der 28 Siege und ein Unentschieden gegenüberstehen.

Schon zu Beginn des Kampfes ließ Tyson Fury keinen Zweifel aufkommen, wer nach seinem Dafürhalten Herr im Ring war. Er boxte wesentlich aktiver als Johnson, der dann und wann seinen Jab einsetzte, doch ansonsten nur auf eine günstige Gelegenheit zu lauern schien. Daß Fury in der dritten Runde die Auslage wechselte, schien den US-Amerikaner kaum zu irritieren, der jedoch selbst dann noch wenig unternahm, als es der Brite im vierten Durchgang ruhiger angehen ließ.

Zwei Runden später legte Fury wieder einen höheren Gang ein und traf Johnson des öfteren, ohne jedoch erkennbare Wirkung zu erzielen. Der Vorsprung des Briten war inzwischen so weit angewachsen, daß er einen Punktabzug in der siebten Runde wegen Schlagens nach dem Trennkommando leicht verschmerzen konnte. Im nächsten Durchgang bremste Fury wieder, umkreiste seinen Gegner und begnügte sich damit, den Jab häufiger ins Ziel zu bringen. Von seiner Ecke angewiesen, den Vorsprung sicher nach Hause zu bringen und in der Schlußphase kein Risiko mehr einzugehen, setzte sich der Brite in der elften Runde noch einmal schwungvoll in Szene, um dann nach einem ausgeglichenen letzten Durchgang den einstimmigen Punktsieg davonzutragen, der auch in der Höhe gerechtfertigt war (119:110, 119:108, 119:108).

Kevin Johnson attestierte dem Team seines Gegners eine kluge Taktik, doch sei die Sache gegen Ende immer langweiliger geworden. Er habe zwar den Kampf gemacht, doch Fury selten getroffen, da dieser angesichts seiner Größe stets sehr weit entfernt gewesen sei. Tyson Fury zollte dem US-Amerikaner Respekt, der sich ausgezeichnet darin verstehe, den Gegner zu locken und dann zu bestrafen. Deswegen habe er es unterlassen, einen Niederschlag zu erzwingen, sondern sich an die vereinbarte Taktik gehalten und Johnson ausgeboxt.

Nach diesem gewonnenen Ausscheidungskampf könnte Tyson Fury gegen Johnathon Banks oder den Sieger des Duells zwischen Chris Arreola und Bermane Stiverne antreten. Sollte WBC-Weltmeister Vitali Klitschko seine Karriere beenden, stünde dem Briten möglicherweise sogar ein Kampf um den dann vakanten Titel in Aussicht. Daß die aktuelle Situation nach wie vor recht uneindeutig anmutet, ist vor allem darauf zurückzuführen, daß der Verband mit Qualifikationskämpfen hausiert, ohne daß zweifelsfrei klar würde, wie genau der nächste Pflichtherausforderer des Ukrainers ermittelt werden soll.

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David Price braucht nur zwei Runden für Matt Skelton

Während Tyson Fury vermutlich nur noch wenige Schritte von einem Titelkampf entfernt ist, räumt sein ebenfalls ungeschlagener Landsmann und Rivale eine Etage tiefer kräftig auf. David Price, der bislang 15 Profikämpfe gewonnen hat und dabei nur zweimal über die Distanz gehen mußte, hat vor heimischer Kulisse in Liverpool den Großbritannien- und Commonwealthtitel problemlos gegen den früheren Europameister Matt Skelton verteidigt.

Zum Auftakt stürmte Skelton sofort auf Price los und traf ihn mit einer Linken, die den Favoriten sichtlich irritierte. Lange hielt das Überraschungsmoment allerdings nicht vor, da der Lokalmatador gegen Mitte der ersten Runden seine gefürchtete rechte Gerade ins Ziel brachte, die sein Gegner jedoch gut wegsteckte. Skelton, der für seine nicht selten unsaubere Wühlerei bekannt ist, suchte sein Heil im Infight, wo ihn der Kontrahent kaum treffen konnte.

Als der Herausforderer dies in der zweiten Runde fortsetzte, handelte er sich eine Ermahnung des Ringrichters ein. Wenig später schlug dann die erste Kombination bei ihm ein, die er noch relativ gut verkraftete. Price ging jedoch sogleich zu Körpertreffern über, die seinen Gegner zunächst in die Seile taumeln und nach zwei weiteren Leberhaken zu Boden sacken ließen. Da kam auch schon das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe geflogen, was nur vernünftig und angemessenen war, da Skelton ohnehin nicht mehr rechtzeitig auf die Beine gekommen wäre. Für den 29jährigen David Price war dies bereits der vierte K.o.-Sieg in diesem Jahr, wobei er insgesamt nur sieben Runden im Ring gestanden hat. Für den 16 Jahre älteren Matt Skelton stehen nun 28 Siege und sieben Niederlagen zu Buche.

Wie Price im Interview einräumte, habe ihn Skelton zu Anfang tatsächlich überrascht. In der Folge habe dieser etwas unsauber geboxt, aber damit müsse man bei ihm eben rechnen. Matt habe noch nie in nur zwei Runden verloren, so daß dieses frühe Ende schon ein gewisses Zeichen setze. Skelton habe einen derart harten Schädel, daß er es lieber ein Stockwerk tiefer probiert habe, so Price. Das sei dann der Anfang vom Ende gewesen.

Promoter Frank Maloney will seinen Boxer im Februar gegen einen namhaften US-Amerikaner antreten lassen, dessen Namen er in Kürze bekanntgeben werde. Danach komme entweder Dereck Chisora oder Tyson Fury an die Reihe. Er biete 650.000 Pfund für Fury und fordere ihn auf, sich zusammenzusetzen und diesen Kampf auf die Beine zu stellen, den sämtliche britischen Fans sehen wollten.

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Kampf zwischen Price und Fury derzeit unwahrscheinlich

Zu einem Kampf zwischen den beiden aufstrebenden britischen Schwergewichtlern Tyson Fury und David Price dürfte es in absehbarer Zeit kaum kommen. Die von Promoter Frank Maloney nach dem Sieg gegen Matt Skelton angebotenen 650.000 Pfund hat Furys Promoter Mick Hennessy als "Witz" zurückgewiesen. Price müsse die Bedingungen Furys akzeptieren, sonst könne er diese Option vergessen. Er glaube ohnehin, daß David Price diesen Kampf gar nicht wolle, sondern lediglich die Publicity suche.

Falls es dennoch zum Kampf kommen solle, müsse Price einsehen, daß Fury der größere Teil der Einkünfte zusteht, da er in den Ranglisten höher notiert wird und international bekannter ist. Wenn Frank Maloney überzeugt sei, mit diesem britischen Duell ein Stadion füllen zu können, liege er mit seinen 650.000 Pfund vollends daneben. Es handle sich um das "Geschwätz eines Dorftrottels", kanzelte Hennessy seinen Zunftkollegen barsch ab.

Für Tyson Fury hat Hennessy andere Pläne. Man werde zunächst sehen, wie die Entscheidung Vitali Klitschkos ausfällt. Zögere der Ukrainer das Ende seiner Karriere oder eine diesbezügliche Festlegung weiter hinaus, werde man den nächsten Kampf Ende Februar oder Anfang März bestreiten und dazu möglicherweise erstmals in den USA antreten. Im Fokus des Interesses bleibe jedoch entweder Klitschko oder der Kampf um den vakanten Titel.

4. Dezember 2012