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MELDUNG/872: Mariusz Wach will sich nicht ins Bockshorn jagen lassen (SB)




Herausforderer Wladimir Klitschkos betont nüchtern

Wenngleich die offizielle Ankündigung erst am 27. August auf einer Pressekonferenz in Hamburg grünes Licht geben soll, geht man doch längst davon aus, daß Wladimir Klitschko am 10. November gegen den in 27 Profikämpfen ungeschlagenen Polen Mariusz Wach antreten wird. Der 2,02 m große Herausforderer ist jedenfalls so frei, sich bereits öffentlich über eine Taktik auszulassen, mit deren Hilfe er den favorisierten Weltmeister zu überwältigen gedenkt. Wie der 32jährige darlegte, suche er nie den Knockout. Am schwierigsten werde es sein, in den ersten vier oder fünf Runden ein Zeichen zu setzen. Nach der sechsten Runde werde seine Zuversicht so gestärkt sein, daß er darangehen könne, den Ukrainer zu treffen und den Kampf für sich zu entscheiden. Sollte es ihm hingegen nicht gelingen, in der Anfangsphase mitzuhalten, werde Klitschko voller Selbstvertrauen seinerseits zum Angriff übergehen.

Seine mentale Vorbereitung auf die Herausforderung Wladimir Klitschkos sei sehr einfach, meint Mariusz Wach. Da er als Außenseiter nichts zu verlieren habe, könne er recht unbeschwert in den bislang wichtigsten Kampf seiner Karriere gehen. Niemand halte ihn für den Favoriten, so daß er in den Ring steigen und das machen könne, was ihm am meisten liege. Beim Sport müsse eben einer gewinnen und einer verlieren, gibt sich der amtierende International-Champion des WBC betont nüchtern.

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Für Robert Stieglitz und Arthur Abraham wird es ernst

Am 25. August kommt es in der Berliner o2 World zu einem Duell zweier deutscher Supermittelgewichtler, dessen Ausgang für beide Boxer weitreichende Konsequenzen haben dürfte. Verliert Arthur Abraham, hat er seine Karriere vermutlich endgültig an die Wand gefahren. Nimmt er Robert Stieglitz den WBO-Gürtel ab, ist er als Weltmeister in der zweiten Gewichtsklasse vorerst rehabilitiert und kann die drei Niederlagen gegen Andre Dirrell, Carl Froch und Andre Ward vergessen machen. Stieglitz, der bereits seit fast drei Jahren WBO-Champion im Supermittelgewicht ist, gilt dennoch als Außenseiter in diesem Kampf. Der 31jährige Champion aus dem Magdeburger Boxstall SES ist gewissermaßen die graue Maus unter den aktuellen Weltmeistern in dieser stark besetzten Gewichtsklasse. Zudem genießt sein Gegner Heimvorteil in Berlin, war zumindest in der Vergangenheit der populärste deutsche Boxer und kann gefährlicher zuschlagen.

Daß man allenfalls auf seinen Gürtel scharf ist, ihn aber ansonsten nicht ganz für voll nimmt, ist dem Magdeburger bewußt. Ursprünglich sollte er seinen Titel in Kopenhagen gegen den Dänen Mikkel Kessler verteidigen, der dann jedoch etwas Besseres vorhatte. Daraufhin wurde der Brite George Groves zum Pflichtherausforderer ernannt, konnte sich jedoch aufgrund einer Verletzung ebenfalls nicht zum Kampf stellen. Stieglitz kann also ein Lied davon singen, ein Weltmeister zu sein, gegen den kaum jemand antreten will. Auch Abraham sprang nur deshalb in die Bresche, weil er durch die genannten Ausfälle schneller als erwartet zu einem Titelkampf kam und den Magdeburger für die leichteste Möglichkeit hält, sich eines Gürtels zu bemächtigen.

Die WBO habe Abraham zum Pflichtherausforderer ernannt. Das sei nun einmal die Vorgabe des Verbands, der er sich stelle, erklärt Stieglitz lakonisch. Wenngleich seine eigenen Trümpfe bescheiden anmuten, birgt der bevorstehende Kampf doch auch zukunftsträchtige Optionen für ihn. Bislang fehlen in der Liste seiner Gegner die ganz großen Namen. Sollte es ihm gelingen, den wesentlich bekannteren Exweltmeister zu besiegen, könnte dies seinen Bekanntheitsgrad beträchtlich steigern. Deutschland werde sehen, daß er der bessere Boxer sei, übt sich Stieglitz in Zuversicht. Er habe ein starkes Team, das ihm den Rücken stärke.

Unterdessen schwitzt Arthur Abraham in seinem Trainingslager, um sich unten den Argusaugen seines besorgten Trainers Ulli Wegner für den dritten Anlauf zu rüsten, sich doch noch einen Titel im Supermittelgewicht zu holen. Wie der 32jährige Wahlberliner versichert, sei ihm inzwischen klar, daß er wesentlich häufiger schlagen und dafür sorgen müsse, daß sein Gegner keine Atempause bekommt. Es gelte also, sich mehr zu bewegen und die linke Führhand konsequenter einsetzen. Sich rundenlang hinter einer Doppeldeckung zu verschanzen, um sich irgendwann auf den Kontrahenten zu stürzen und ihn mit einigen wuchtigen Treffern auszuschalten, hat offenbar als allzu schlichtes Erfolgsrezept endgültig ausgedient.

Arthur Abraham weiß, daß er den Kampf in der o2 World unbedingt gewinnen muß: Er stehe unter gewaltigem Druck, doch helfe ihm die Erfahrung der letzten Jahre dabei, mit dieser Situation umzugehen. Robert Stieglitz sei ein ausgereifter Boxer, der mit beiden Händen variabel schlagen könne und sehr schnell sei. Daher sei äußerste Vorsicht geboten, so Abraham. Zugleich schmiedet der Berliner allerdings bereits Zukunftspläne für seine zweite Ära als Weltmeister. Er werde sich am 25. August den Gürtel sichern, diesen Titel einige Male erfolgreich verteidigen und schließlich im Alter von 35 Jahren darüber nachdenken, seine Karriere langsam ausklingen zu lassen.

18. August 2012