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MELDUNG/868: Olympiahelden im Visier der Profiställe (SB)




Amateurverband AIBA hat eigene Profiliga ins Leben gerufen

Wie immer nach Olympischen Spielen hat die Konkurrenz der Profiställe um die erfolgreichsten Amateure des Turniers Hochkonjunktur. Um diesen ewigen Aderlaß wenigstens zu bremsen hat der internationale Amateurverband AIBA eine eigene Profiliga namens APB ins Leben gerufen, in der ohne Kopfschutz und Leibchen geboxt sowie nach dem Zehnpunktesystem gewertet wird. Darüber hinaus dauern die Kämpfe auch länger als die bei den Amateuren üblichen drei Runden, so daß zumindest in formaler Hinsicht eine große Annäherung an das Profilager erzielt wird. Entscheidendes Manko bleiben natürlich die Gagen, da die AIBA zwar einen bestimmten Grundbetrag garantiert, der jedoch weit unter den Börsen liegt, die einem Boxer im normalen Profilager zumindest in Aussicht stehen.

Erfolgreiche Amateurboxer wie Clemente Russo aus Italien und der Bulgare Tervel Pulev, die in London Silber bzw. Bronze im Schwergewicht gewonnen haben, wollen dem Vernehmen nach ebenso bei APB mitmischen wie der ukrainische Olympiasieger im Leichtgewicht, Vasyl Lomachenko. Prominenter Experte unter den Zuschauern, die den Auftritt des 24jährigen Ukrainers vor Ort verfolgten, war dessen Landsmann Wladimir Klitschko. Lomachenko hatte vor vier Jahren in Beijing die Goldmedaille im Federgewicht gewonnen und krönte nun in der britischen Hauptstadt seinen erneuten Siegeszug, diesmal in der Klasse bis 60 kg.

Der Schwergewichtsweltmeister gratulierte dem strahlenden Sieger persönlich und versicherte, daß er sehr stolz auf ihn sei. Zweimal zu gewinnen, sei sehr ungewöhnlich. Er würde sich wirklich freuen, diesen Boxer als Profi im Ring stehen zu sehen, so Klitschko, der bekanntlich gemeinsam mit seinem Bruder Vitali inzwischen eine ganze Reihe ausgezeichneter Akteure in ihrer Promotionsfirma K2 unter Vertrag hat. Lomachenko, der außer im Halbfinale gegen den Kubaner Yasniel Toledo nie ernsthaft gefordert wurde, hat zwar Angebote von diversen Promotern erhalten, scheint sich aber dazu entschlossen zu haben, einen Zweijahresvertrag bei APB zu unterschreiben.

Ins reguläre Profilager wechseln will offenbar Roberto Cammerelle, der einen solchen Schritt in der Vergangenheit stets ausgeschlossen hatte. Der Olympiasieger von 2008 im Superschwergewicht bezog in London im Finale gegen den Briten Anthony Joshua eine umstrittene Niederlage, die diesen Sinneswandel herbeigeführt haben dürfte. Die ersten beiden Runden hatte der 32jährige Polizist aus Mailand recht deutlich für sich entschieden, doch konnte der Brite mit einem starken Endspurt in der dritten Runde noch nach Punkten ausgleichen. Beim Zusammenzählen aller von den Offiziellen vergebenen Punkte hatte dann auf einmal der Lokalmatador Joshua die Nase vorn, was sich viele Kommentatoren nur mit dem bei den Spielen offensichtlichen Heimbonus erklärten konnten. "Es ist nicht Joshuas Fehler, die Olympischen Spiele wurden aber in London abgehalten, und hier ist es anscheinend üblich, daß man auf diese Weise gewinnt", sagte Cammarelle gegenüber italienischen Medien. "Ich werde diese Art des Boxens nicht mehr repräsentieren, sie gefällt mir nicht."

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Robert Helenius nimmt das Training wieder auf

Der skandinavische Schwergewichtler Robert Helenius, der einen finnischen und einen schwedischen Paß besitzt, hat nach einer längeren Verletzungspause das Training wieder aufgenommen. Zumeist als Finne angesehen steht der 28jährige beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag, der ihn zielstrebig an die Weltspitze heranführen will. Helenius hat sich bislang ausgezeichnet geschlagen, alle 17 Profikämpfe gewonnen und dabei die früheren Weltmeister Lamon Brewster, Samuel Peter und Sergej Liachowitsch jeweils überzeugend besiegt.

Der frühere Europameister stand zuletzt im Dezember 2011 im Ring, als er den Briten Dereck Chisora nur mühsam und umstritten nach Punkten schlagen konnte. Allerdings war Helenius durch eine schwere Schulterverletzung sowie eine Blessur an der Schlaghand derart eingeschränkt, daß er sich nicht entfalten konnte, wie man es von ihm kennt. Inzwischen hat der zwei Meter große Hüne in Kienbaum vor den Toren Berlins wieder mit dem Grundlagentraining begonnen, worauf in etwa vier Wochen erste Sparringseinheiten folgen sollen. Mit dem nächsten Auftritt des Finnen ist frühestens im November zu rechnen.

14. August 2012