Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/622: Omar Narvaez im Überlebensmodus gegen Nonito Donaire (SB)



Passiver Argentinier verliert alle zwölf Runden

Nonito Donaire, dessen Name regelmäßig fällt, wenn die drei besten Boxer aller Gewichtsklassen genannt werden, hatte sich sein Debüt in New York sicher anders vorgestellt. Zwar gewann der 28 Jahre alte Weltmeister der Verbände WBC und WBO im Bantamgewicht bei seinem Auftritt im traditionsreichen Madison Square Garden überlegen nach Punkten, doch zeigte sich einmal mehr, daß man für einen guten Kampf zwei Boxer braucht. Omar Narvaez, der Champion im Superfliegengewicht ist, kämpfte so passiv, daß der Philippiner sämtlich Runden für sich verbuchen konnte. Während Donaire seine Bilanz auf 27 Siege und eine Niederlage verbesserte, stehen für den erstmals geschlagenen Argentinier nun 35 Siege, eine Niederlage und zwei Unentschieden zu Buche.

Daß der 36jährige Omar Narvaez eigentlich ein Boxer von Weltklasse ist, unterstreicht der Umstand, daß er es im Fliegen- und Superfliegengewicht auf insgesamt 16 Titelverteidigungen gebracht hat und in seiner gesamten Karriere noch nie am Boden war. Während argentinische Boxer jedoch in aller Regel wegen ihrer Kampfeslust geschätzt und gefürchtet werden, machte Narvaez keine Anstalten, in die Offensive zu gehen. Er verschanzte sich vielmehr hinter einer Doppeldeckung und bot dem als gefährlichen Konterboxer bekannten Donaire kaum Angriffsfläche. Diese Taktik schien zwar geeignet, Risiken tunlichst zu vermeiden, doch war nicht nachzuvollziehen, wie der Herausforderer auf diese Weise gewinnen wollte. Vermutlich setzte er auf einen Glückstreffer, zu dem ihm der Philippiner jedoch keine Gelegenheit bot.

Nachdem Donaire in der vierten Runde gute Treffer ins Ziel gebracht hatte, die den Argentinier schwanken ließen, verlegte sich dieser vollständig auf die Defensive, als gehe es ihm einzig und allein darum, den Schlußgong stehend zu hören. Natürlich murrte das enttäuschte Publikum, das einen hochklassigen Kampf erwartet hatte, doch fand der zunehmend frustrierte Philippiner kein Mittel, seinen Gegner vorzeitig auszuschalten. Indessen riet ihm sein Trainer Robert Garcia nüchtern, er solle einfach eine Runde nach der anderen gewinnen, wenn sein Gegner nicht kämpfen wolle. Am Ende werteten alle drei Punktrichter mit 120:108 für Donaire, wobei man dem Argentinier allenfalls zugute halten konnte, daß er die Mehrzahl der Schläge abgewehrt hatte.

Promoter Bob Arum von Top Rank reagierte erbost auf die Vorstellung des Herausforderers, der offenbar nur wegen seines Schecks gekommen sei. Er habe Narvaez als guten Boxer eingeschätzt und erwartet, daß er einen offensiven Kampf liefern werde. Offenbar habe der Gegner jedoch frühzeitig erkannt, daß er nicht mithalten konnte, und in den Überlebensmodus umgeschaltet. So etwas habe er bei einem Argentinier noch nie zuvor erlebt.

Jetzt wisse er, wie sich sein Landsmann Manny Pacquiao im Kampf gegen Joshua Clottey gefühlt habe, zog Nonito Donaire Bilanz, der Verständnis für die Unzufriedenheit des Publikums aufbrachte. Nachdem er den Argentinier in der vierten Runde getroffen hatte, habe dieser einfach komplett zugemacht. Dann kündigte der Philippiner seinen Aufstieg ins Superbantamgewicht an.


*


Dominik Britsch setzt sich gegen Billy Lyell durch

Dominik Britsch hat den Intercontinentaltitel der IBF im Mittelgewicht erfolgreich verteidigt. Er mußte jedoch in Ludwigsburg erstmals in seiner Karriere über zwölf Runden boxen, um den agilen US-Amerikaner Billy Lyell nach Punkten zu besiegen (114:114, 117:111, 116:113). Damit ist der 23jährige Neckarsulmer in 26 Profikämpfen ungeschlagen, während der Herausforderer neben 24 Siegen bereits neun Niederlagen auf dem Konto hat.

Da Britsch verhalten begann, machte Lyell zunächst den besseren Eindruck, indem er häufig und variabel schlug. Zwar boxte der Titelverteidiger mit einer recht sicheren Deckung, doch reichten einige Treffer aus, um erste Spuren in seinem Gesicht zu hinterlassen. Nach und nach ging der Schützling von Trainer Ulli Wegner aktiver zu Werke und legte vor allem gegen Ende jeder Runde zu. Nachdem die Hälfte des Kampfs absolviert war, kam Britsch mit seinem Jab immer besser zum Zuge. Da er jedoch weiterhin phasenweise zu passiv agierte, mußte er die neunte Runde eindeutig abgeben. Gegen Ende des Kampfs suchte der Neckarsulmer häufiger den offenen Schlagabtausch, doch konnte keiner der Kontrahenten sichtbare Wirkung erzielen. Angesichts der beiderseitigen Schlußoffensive stieg die Stimmung in der Halle, worauf man nach dem Schlußgong gespannt auf das Ergebnis wartete.

Da im US-amerikanischen Profiboxen insbesondere die Aktivität honoriert wird, schien sich die Ecke Lyells des Sieges sicher zu sein. Enttäuschend für die Gäste war dann nicht nur das Urteil zugunsten des Titelverteidigers, sondern auch die kaum nachvollziehbare Wertung des deutschen Punktrichters, der dem US-Amerikaner nur drei Runden gegeben hatte. Hingegen fielen die Urteile des Italieners (114:114) und des Niederländers (116:113) schon realistischer aus. Billy Lyell, der sich als klarer Sieger gesehen hatte, machte geltend, daß er mehr Schläge gelandet habe. Er hoffe nun auf eine Revanche, die Britsch den Fans schuldig sei.

Dominik Britsch dankte dem Publikum für die Unterstützung und seinem Gegner für einen großartigen Kampf. Derartigen Druck des Herausforderers habe er nicht erwartet. Die Kondition sei für ihn selbst kein Problem gewesen, doch habe es ihn große Mühe gekostet, konzentriert bei der Sache zu bleiben. Solche Kämpfe über zwölf Runden seien sehr wichtig für ihn. Trainer Ulli Wegner zog das Fazit, daß Lyell kämpferisch stark gewesen sei, Dominik jedoch die klareren Treffer ins Ziel gebracht habe. Sein Boxer habe die vereinbarte Taktik umgesetzt und verdient gewonnen.

25. Oktober 2011