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MELDUNG/451: Andre Berto verliert weiße Weste und Gürtel (SB)



Victor Ortiz auf Anhieb neuer WBC-Champion im Weltergewicht

Andre Berto galt bislang nach Manny Pacquiao von den Philippinen und Floyd Mayweather jun. aus den USA als drittbester Boxer des Weltergewichts. Er hatte zwischen 2008 und 2010 den WBC-Titel in dieser Gewichtsklasse fünfmal erfolgreich verteidigt und seine 27 Profikämpfe ausnahmslos gewonnen, weshalb er im Duell mit Victor Ortiz als klarer Favorit gehandelt wurde. Dieser stieg mit einer Bilanz von 28 Siegen sowie je zwei Niederlagen und Unentschieden in den Ring, wobei er erstmals im Weltergewicht antrat.

Daß sich der Herausforderer viel vorgenommen hatte und fest entschlossen war, sich als Außenseiter nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, unterstrich er mit einem furiosen Auftakt. Gleich in der ersten Runde drängte er Berto in die Defensive, stellte ihn an den Seilen und schlug ihn zu Boden. Die Sensation lag in der Luft, als Ortiz seinen Gegner, der wieder auf die Beine gekommen war, augenblicklich weiter bedrängte und erneut auf die Bretter schickte, doch wurde diese Aktion nicht als Niederschlag gewertet.

Der Titelverteidiger rettete sich in die Pause, doch wer damit gerechnet hatte, daß Berto die zweite Runde nicht überstehen würde, sah sich eines Besseren belehrt. Der Champion drehte den Spieß um und kam mit einem rechten Konter durch, worauf es diesmal Ortiz war, der angezählt wurde. Dieser ließ sich jedoch in seinem Drang nicht bremsen und setzte sich in den folgenden Durchgängen besser als Berto in Szene, dem er in der Halbdistanz den Raum nahm, seine technischen Vorteile auszuspielen. Nachdem er seine bevorzugte Kampfesweise nicht durchsetzen konnte und sich allzu oft in den Schlagabtausch verwickeln ließ, griff Berto in der sechsten Runde zu einem brachialen Mittel und schickte Ortiz mit einer vollen Rechten zu Boden. Der Herausforderer war schwer angeschlagen, so daß Ringrichter Mike Ortega kurz davor stand, den Kampf abzubrechen. Glücklicherweise entschied er sich jedoch anders, und Ortiz dankte es ihm prompt, als er Berto kurz vor Ende der Runde mit einem linken Konter überraschte und niederstreckte.

Die Zuschauer hielt es ob dieses dramatischen Geschehens längst nicht mehr auf den Sitzen, doch beruhigte sich die Lage zunächst wieder, da beide Boxer dem hohen Tempo Tribut zollen mußten und nach den kräftezehrenden Niederschlägen in den folgenden drei Durchgängen etwas zurückhaltender zu Werke gingen. Berto witterte Morgenluft, als sein Gegner wegen Schlagens auf den Hinterkopf in der zehnten Runde einen Punktabzug hinnehmen mußte, doch revanchierte sich der Herausforderer mit einem druckvollen elften Durchgang. Mit einer enormen Energieleistung hinterließ Ortiz auch in der zwölften und letzten Runde den besseren Eindruck, so daß er am Ende auf den Zetteln der Punktrichter einstimmig in Führung lag (114:112, 114:111, 115:110).

Nach diesem ebenso hochklassigen wie spektakulären Duell, das mit seiner ersten Niederlage geendet hatte, war Andre Berto natürlich tief enttäuscht. Er habe sich nicht gut gefühlt, und irgend etwas habe an diesem Abend gefehlt, rätselte der als Titelträger entthronte US-Amerikaner auf der Suche nach Gründen für seinen Mißerfolg. Hingegen schien Ortiz recht gut zu wissen, was den Ausschlag zu seinen Gunsten gegeben hatte. Er habe auf seine Trainer gehört und wie ein Besessener gekämpft, hob der neue Weltmeister hervor, wobei er nicht vergaß, Bertos Können zu loben und ihm für diese Chance zu danken. Auch Oscar de la Hoya dürfte hocherfreut sein, mit einem weiteren Champion in seinen Golden Boy Promotions aufwarten zu können, die im Rang des weltweit führenden Unternehmens der Branche stehen.

19. April 2011