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PORTRAIT/096: Emile Griffith im Alter von 75 Jahren gestorben (SB)




Sein Gegner Benny Paret überlebte ihren Kampf nur um wenige Tage

Emile Griffith ist im Alter von 75 Jahren in Hempstead, New York, verstorben. Der am 3. Februar 1938 auf den Jungferninseln geborene Boxer begann seine Karriere im New York der späten 50er Jahre, wo er von Gil Clancy trainiert wurde. Griffith verfügte zwar über keine sonderlich große Trefferwirkung, schlug aber mit hoher Frequenz und konnte mit außergewöhnlichen Nehmerqualitäten aufwarten. In seiner gesamten Karriere mußte er sich nur zweimal durch K.o. geschlagen geben, nämlich gegen die Legenden Carlos Monzón und Rubin Carter.

Im Jahr 1961 wurde er durch einen Sieg über Benny Kid Paret erstmals Weltmeister im Weltergewicht. Die Revanche gegen Paret verlor Griffith hauchdünn nach Punkten, weswegen es am 24. März 1962 zum folgenschweren dritten Kampf kam. Nachdem er von Paret beim Wiegen beleidigt worden war, ließ Griffith ihn seinen Ärger im Ring spüren. Der Referee schritt in der zwölften Runde zu spät ein, Paret brach zusammen, fiel ins Koma und starb zehn Tage später. [1]

Es war der erste nahe Tod eines Boxers, den Millionen Menschen vor dem Fernseher miterlebten. Griffith sah sich daraufhin in der Öffentlichkeit geraume Zeit heftiger Verfolgung ausgesetzt. Der Sender NBC stellte seine Übertragungen von Boxkämpfen ein, und der damalige Gouverneur von New York, Nelson Rockefeller, setzte eine Kommission ein, die den fraglichen Kampf wie auch den Boxsport insgesamt untersuchen sollte. Ringrichter Ruby Goldstein, dem man ein zu spätes Eingreifen anlastete, übte seine Funktion nie mehr aus. [2]

Für Griffith war es ein prägendes Erlebnis. Wie er später berichtete, habe er erwogen, nie wieder in den Ring zu steigen, aber mangels Alternativen seine Karriere doch fortgesetzt. Er sei seither ein anderer Boxer gewesen und habe fortan nur noch soviel getan, wie für den Sieg erforderlich war. Um keinen Schaden anzurichten, habe er vor allem mit dem Jab gearbeitet und tunlichst auf einen möglichen Niederschlag verzichtet.

Dessen ungeachtet war Griffith weiterhin erfolgreich. Im Oktober 1962 wurde er Weltmeister im Halbmittelgewicht, worauf er Anfang Dezember die unterdessen in verschiedene Verbände unterteilten Titel im Weltergewicht erneut gewann. Er verlor diese beiden Gürtel im folgenden Jahr, holte sie sich aber wenig später im Rückkampf zurück. 1965 legte er die Titel im Welter- und Halbmittelgewicht nieder und stieg ins Mittelgewicht auf.

Dort besiegte er Dick Tiger und wurde damit neuer Weltmeister der Verbände WBA und WBC im Mittelgewicht, worauf er den Titel zweimal erfolgreich verteidigte. Dann unterlag er 1967 im "Kampf des Jahres" dem Italiener Nino Benvenutti, der zwar die Revanche gegen ihn verlor, sich aber den Gürtel bei ihrem dritten Aufeinandertreffen zurückholte.

1971 mußte Griffith gegen Carlos Monzón eine seiner wenigen vorzeitigen Niederlagen hinnehmen, einen Rückkampf im Jahr 1973 verlor er nach Punkten. Danach ließ Griffith seine Karriere langsam ausklingen und boxte noch zweimal erfolglos um Gürtel im Mittelgewicht. 1976 kämpfte er um den WBC-Titel im Halbmittelgewicht, mußte sich aber seinem deutschen Gegner Eckhard Dagge umstritten nach Punkten geschlagen geben. Im Alter von 39 Jahren beendete Griffith 1977 seine Karriere, in der er 85 Kämpfe gewonnen, 24 verloren und zwei unentschieden beendet hatte. Mit 310 in Titelkämpfen geboxten Runden hält er bis heute den Rekord.

Nach seiner aktiven Laufbahn blieb Griffith dem Boxsport als Trainer verbunden und brachte mehrere Weltmeister hervor, darunter Wilfred Benitez und Juan Laporte, die zu den populärsten Boxern in der Geschichte Puerto Ricos gehören.

Für Aufmerksamkeit sorgte ein Interview mit Sports Illustrated, in dem Griffith über seine Bisexualität sprach. 1992 wurde er beim Verlassen einer New Yorker Bar brutal zusammengeschlagen und verbrachte danach vier Monate im Krankenhaus. Ob dieser Anschlag homophober Natur war, konnte nie aufgeklärt werden. In seinen späten Jahren litt der 1990 in die Hall of Fame aufgenommene Boxer an Demenz, was möglicherweise eine Folge seiner insgesamt 112 Kämpfe war. Im Jahr 2005 wurde die Dokumentation "Ring of Fire: The Emile Griffith Story" über sein Leben produziert, in deren Mittelpunkt der Kampf gegen Paret steht.

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/hall-of-famer-emile-griffith-im-alter-von-75-jahren-gestorben-27903

[2] http://espn.go.com/new-york/story/_/id/9502532/emile-griffith-hall-famer-1960s-dies-75

25. Juli 2013