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PORTRAIT/094: Sergej Dsindsiruks Licht stand unter dem Scheffel (SB)




Im Alter von 37 Jahren beendet der Ukrainer seine Karriere

Im Alter von 37 Jahren hat Sergej Dsindsiruk seine Karriere beendet. Der ehemalige WBO-Weltmeister im Halbmittelgewicht aus der Ukraine galt als einer der technisch versiertesten Akteure der Hamburger Universum Box-Promotion wie auch seiner gesamten Gewichtsklasse. Auf Grund fehlender Popularität in Deutschland und den USA bekam er jedoch keine hochdotierten Kämpfe gegen die Stars der Branche.

Der 1,83 m große Rechtsausleger nahm 1996 an den Olympischen Spielen in Atlanta teil, wo er bereits in der zweiten Runde gegen den für Dänemark startenden Hassan Al ausschied. 1997 wurde er in Budapest Vizeweltmeister im Weltergewicht und mußte sich lediglich dem Russen Oleg Saitow geschlagen geben. Bei den Europameisterschaften 1996 gewann er Bronze und zwei Jahre später in Minsk Silber, wobei er in beiden Fällen wiederum an Saitow scheiterte. Wie erfolgreich Dsindsiruk dennoch als Amateur war, unterstreicht seine Bilanz von 195 Siegen in 210 Kämpfen.

Im Jahr 1999 unterschrieb der Ukrainer einen Profivertrag bei der Panix Box-Promotion in England, für die er 20 Kämpfe bestritt, ohne bei ihr wirklich heimisch zu werden. Bis 2002 trat er vorwiegend in Polen an, worauf er 2003 nach Hamburg zu Universum wechselte. 2004 schlug er mit Andrej Pestriajew seinen ersten namhaften Gegner und noch im selben Jahr wurde er durch einen Sieg über Mamadou Thiam Europameister im Halbmittelgewicht. Am 3. Dezember 2005 besiegte er im Kampf um den Titel des WBO-Weltmeisters den Puertoricaner Daniel Santos und verteidigte den Gürtel in den nächsten drei Jahren fünfmal erfolgreich, darunter auch gegen den bis dahin ungeschlagenen Tschechen Lukas Konecny und den Kolumbianer Joel Julio.

In seiner Heimat war Dsindsiruk fast schon ein Volksheld. Dort wurden alle seine Auftritte live übertragen, und ein PR-Mann verbreitete beständig Nachrichten über den Champion. Hingegen war er hierzulande wenig bekannt, was man auch an seinem Marktwert ablesen konnte. So erhielt er für eine erfolgreiche Titelverteidigung im Mai 2007 eine Börse von 150.000 Euro, während ein Star der Branche wie Floyd Mayweather bei seinem Sieg gegen Oscar de la Hoya zwei Wochen zuvor hundertmal mehr verdient und dabei doch kaum halb soviel wie sein Gegner erhalten hatte.

Das ZDF plante Dsindsiruk zunächst als Hauptkämpfer ein, sah dann jedoch mit der Begründung davon ab, der Ukrainer lasse sich mangels ausreichender Deutschkenntnisse außerhalb des Rings kaum präsentieren. Trainer Michael Timm bestätigte dieses Problem mit den Worten, sein Schützling bringe sportlich alles mit, doch sei er kein Sprachtalent und weigere sich, Deutsch zu lernen. Da Dsindsiruk als diplomierter Sportlehrer in Kiew eine Boxschule für Amateure leitete, um für seine Zukunft vorzusorgen, fiel seine Präsenz in Deutschland ausgesprochen spärlich aus.

Als Dsindsiruk, der seit November 2008 keinen Kampf mehr bestritten hat, schließlich die Auffassung vertrat, daß sein Vertrag mit dem Universum-Boxstall ausgelaufen sei und er sich einen anderen Promoter suchen könne, bezog er im November 2009 eine juristische Niederlage. Erst im Februar 2010 beschloß man beiderseits, künftig getrennte Wege zu gehen. Der Ukrainer widersprach Medienberichten, wonach es zu einem Streit mit seinem bisherigen Promoter Klaus-Peter Kohl gekommen sei, und distanzierte sich von ihm fälschlich zugeschriebenen Äußerungen, die in den Medien lanciert worden seien. Man habe sich vernünftig zusammengesetzt und einen Weg gefunden, die Trennung im beiderseitigen Einvernehmen zu vollziehen.

Auf der Internetseite des Hamburger Boxstalls wurde Geschäftsführer Stefan Braune damals mit der Stellungnahme zitiert, Sergej Dsindsiruk habe um eine einvernehmliche Aufhebung des Vertrags gebeten, nachdem dessen Gültigkeit gerichtlich bestätigt worden war. Da man dem Ukrainer keine Steine in den Weg legen wolle, habe man sich über eine Trennung im beiderseitigen Einvernehmen verständigt.

Nach dem Abschied von Universum unterschrieb Dsindsiruk beim amerikanischen Promoter Gary Shaw, für den er nach über eineinhalb Jahren Pause noch einmal seinen WBO-Titel verteidigen konnte. Schließlich erkannte der Verband dem Ukrainer den Titel ab, da er ihn zu lange nicht mehr verteidigt hatte, und ernannte am 5. Oktober 2011 Saurbek Bajsangurow zum neuen regulären Weltmeister im Halbmittelgewicht.

Dsindsiruk war unterdessen ins Mittelgewicht aufgestiegen, wo er jedoch sieglos bleiben sollte. Die erste Niederlage seiner Karriere bezog er am 12. März 2011 gegen den überragenden Argentinier Sergio Martinez. Im Kampf gegen den Puertoricaner Jonathan Gonzalez konnte er ebenfalls nicht überzeugen und nur ein Unentschieden herausholen. Zuletzt mußte sich der Ukrainer am 25. Januar dem US-Amerikaner Brian Vera vorzeitig geschlagen geben. Mit einer Bilanz von 37 Siegen, zwei Niederlagen und einem Unentschieden hängt Sergej Dsindsiruk nun die Boxhandschuhe an den Nagel.

4. April 2013