Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

PORTRAIT/055: Lange führte Emile Griffith ein Doppelleben (SB)


Öffentliche Auftritte im Ring und Privatleben streng getrennt


Emile Griffith wurde am 3. Februar 1938 in St. Thomas, Virgin Islands, geboren. Er begann seine Profikarriere am 2. Juni 1956 in New York, wo er sich innerhalb kürzester Zeit als Kassenmagnet erwies. Mit Benny "Kid" Paret bestritt er drei Kämpfe um die Weltmeisterschaft im Weltergewicht.

Als die beiden im März 1962 zum dritten Mal aufeinandertrafen, provozierte ihn der Kubaner beim offiziellen Wiegen mit schwulenfeindlichen Bemerkungen. Griffith, der homosexuell war, dies jedoch stets verborgenzuhalten trachtete, hielt sich auch diesmal eisern an die Anweisung seines Trainers Gil Clancy, nicht auf Parets Beleidigungen zu reagieren.

Im Ring kam es dann zu einem fürchterlichen Schlagabtausch, den Millionen Zuschauer im Fernsehen verfolgen konnten. In der zwölften Runde schickte Griffith seinen Gegner mit schweren Treffern in die Seile und zu Boden, worauf er zum Sieger durch technischen K.o. erklärt wurde und sich damit den Titel zurückgeholt hatte. Wenige Tage später erlag Benny Paret im Krankenhaus seinen Kopfverletzungen.

Am 21. März 1963 bot sich dem aufstrebenden Luis Rodriguez erstmals die Chance, den amtierenden Weltmeister herauszufordern. Rodriguez sorgte für eine Sensation, als er den berühmten Emile Griffith auspunktete und sich so den Titel im Weltergewicht holte. Lange konnte er sich seines neugewonnenen Gürtels jedoch nicht erfreuen, da er den Titel nur drei Monate später bei einem Rückkampf gegen Griffith wieder verlor. Im darauffolgenden Jahr mußte er bei dem Versuch, erneut Champion zu werden, eine weitere Punktniederlage gegen Griffith einstecken.

Danach besiegte Griffith noch drei Herausforderer, worauf er ins Mittelgewicht wechselte. Dort bezwang er den Weltmeister Dick Tiger und verteidigte dann seinen Titel zweimal erfolgreich gegen Joey Archer. Es folgten drei Kämpfe gegen den Italiener Nino Benvenuti, in denen er den Titel zunächst verlor, dann zurückgewann und schließlich wieder verlor. Damit war Griffiths Ära als Champion beendet. Zwar kämpfte er erneut als Herausforderer um die verlorenen Gürtel im Welter- und Mittelgewicht, doch blieb ihm der Erfolg versagt.

Er boxte noch bis Anfang seines 40. Lebensjahres weiter. Erst nach einer Niederlage gegen Alan Minter in Monte Carlo erklärte er schließlich seine wechselvolle Karriere für beendet, in der er im Laufe von 20 Jahren nicht weniger als 112 Profikämpfe bestritten hatte.

Seit er 1990 für seine Verdienste im Ring in die Ruhmeshalle des Boxsports aufgenommen wurde, hat er fast jedes Jahr an der traditionellen Parade der "Hall of Fame" in Canastota, New York, teilgenommen. Am 24. Juni wird er erstmals bei einem ganz anderen Umzug erwartet, dem "Gay Pride" auf der Fifth Avenue. Vor wenigen Tagen hat sich der mittlerweile 69-Jährige in einem Interview mit der "New York Times" zum ersten Mal öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt.

Wie er bei diesem Gespräch berichtete, das in seinem Haus in Hempstead, Long Island, geführt wurde, habe er zu seiner Zeit als erfolgreicher Boxer sorgsam darauf geachtet, die Arbeit im Ring und sein Privatleben streng zu trennen. Wäre er damals ins Gerede gekommen, hätte ihn das durchaus die Karriere kosten können. Vorrang hätten stets seine Kämpfe gehabt, und wenn er in seiner Freizeit Klubs besucht habe, sei er nie allein unterwegs gewesen. Stets hätten ihn Freunde begleitet, um ihn notfalls abzuschirmen und jeglichen Zwischenfall zu verhindern, der ihm negative Schlagzeilen zu bringen drohte.

12. Juni 2007