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KLASSIK/346: Eine kurze Geschichte des Meistergürtels (SB)


Die längste und mörderischte Ringschlacht des Boxsports

Wird dem erfolgreichen Boxer bisweilen auch ein Siegerkranz auf die Schultern gelegt, so stellt der Gürtel des Meisters doch die eigentliche Trophäe dar, die seinen Rang als Champion symbolisiert. Dieser Brauch geht auf Lord Lonsdale zurück, der im Jahr 1828 dem damaligen britischen Meister Jem Ward nach gewonnenem Kampf einen mit Gold, Silber und Edelsteinen besetzten Gürtel überreichte. Als Ward drei Jahre später den irischen Champion Simon Byrne besiegte, wollte ihm Lord Lonsdale einen noch wertvolleren Gürtel schenken. Doch Ward nahm diese Auszeichnung nicht an, trat zurück und bestimmte, daß dieser Gürtel an seinen jeweiligen Nachfolger als "Champion of England" weitergereicht werden sollte. So kam also der Meisterboxer zu seinem Gürtel, wie er ihn bis auf den heutigen Tag erhält.

Am 30. Mai 1833 wurde in London der erste Kampf um diesen neuen Meisterschaftsgürtel ausgetragen, der als längste und mörderischte Ringschlacht in die Boxgeschichte eingehen sollte. Wieder trat der Ire Simon Byrne um den Titel an, wobei sein Gegner diesmal James "The Deaf" Burke war. Drei Stunden und 15 Minuten schlugen die beiden verbissen aufeinander ein, ohne daß ein Entscheidung gefallen wäre. Dann endlich in der 99. Runde landete "Der Betäuber" einen schweren Treffer an der Schläfe seines irischen Gegners, der daraufhin zusammenbrach.

Während James Burke als Sieger gefeiert wurde, versuchten die Sekundanten vergeblich, Simon Byrne wieder auf die Beine zu helfen. Mehr als eine Stunde blieb er reglos im Ring liegen, bis man ihn schließlich in ein nahegelegenes Haus trug. Dort starb er nach drei Tagen, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben.

Gegen Burke, seine Sekundanten, den Ringrichter, die Zeitnehmer sowie alle Personen, die bei diesem Kampf zugesehen oder gewettet hatten, erging daraufhin Haftbefehl wegen Totschlags. Burke selbst und jeder andere, dessen man habhaft werden konnte, wurde ins Gefängnis gesteckt, doch sprach das Gericht im nachfolgenden Prozeß alle Beteiligten frei.

James Burke ahnte indessen wohl, daß dies nicht der letzte Vorfall sein sollte, der den professionellen Boxsport in England erschüttern und gerichtliche Schritte gegen ihn nach sich ziehen würde. So zog er es vor, sein Glück in den Vereinigten Staaten zu suchen. Als erster "Champion of England" trat er in den USA an und stellte sich in New Orleans dem Iren O'Rourke in einem Kampf um 1.000 Dollar. Er siegte auch hier und nannte sich daraufhin "Champion of the World".

Am 21. August 1837 bezwang er in Harts Island bei New York Tom O'Connell durch K.o. in der zehnten Runde und behielt seinen Titel danach noch zwei Jahre lang. Erst im Jahr 1839 mußte er sich William Thompson geschlagen geben.

6. Oktober 2007