Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

SPLITTER/418: Boulevardeske Niederungen ewig gleicher Plattitüden (SB)



David Haye und die Klitschkos - Endlosschleife der Banalitäten

Boxkunst, Unterhaltungstalent und gesellschaftspolitisches Profil eines Muhammad Ali muten wie eine Legende aus ferner Vergangenheit an, von der uns eine unüberbrückbare Distanz trennt. Tagtäglich mit den boulevardesken Niederungen des bevorstehenden Kampfs zwischen Wladimir Klitschko und David Haye traktiert, der als der bedeutendste und aufregendste seit Jahren in der Schwergewichtsszene beworben wird, scheint das Gros der Sportkonsumenten nicht mehr zu verlangen, als mit den ewig gleichen Wiederholungen unsäglicher Plattitüden abgespeist zu werden.

Der Brite geriert sich wie immer als proletenhafter Rüpel, der den Klitschkos die Köpfe abschlagen will, was nun wirklich keine Neuigkeit ist. Darauf erwidert der Ukrainer wie schon seit Jahren, er werde Haye für dessen Provokationen im Ring bestrafen. Ungeachtet der quälenden Banalität und Einfallslosigkeit der Kontrahenten bieten hiesige Medien den Akteuren bereitwillig ein Forum, ihr sattsam bekanntes Geplänkel gleichsam in Endlosschleife weiterzudrehen, ohne mit kritischen Journalistenfragen energisch dazwischenzufahren.

Im Dezember 2008 hatte sich der Brite mit einem T-Shirt gezeigt, auf dem er die abgetrennten Köpfe der Klitschkos in Händen hielt. Von einer geschmacklosen Entgleisung, gar von einem Skandal war damals die Rede, worauf die Ukrainer hölzern moralisierten, dafür müsse man dem ungehobelten Großmaul eine Lektion erteilen. Seither sind zweieinhalb Jahre ins Land gezogen, ohne daß sich an diesem öden Abtausch etwas Wesentliches geändert hätte. Im Rahmen eines Pressetermins in London stellte Haye ein neues Handyspiel mit dem Namen "David Haye's Knockout" vor, bei dem es - wie könnte es anders sein - darum geht, einem virtuellen Gegner den Kopf abzuschlagen: "Mein Gegner in diesem Spiel ist ein sehr großer Osteuropäer. Am 2. Juli wird jeder sehen, wer genau dieser Typ ist, dem ich den Kopf wegblase." [1]

In der aktuellen Ausgabe des "Stern" droht David Haye seinem nächsten Gegner Wladimir Klitschko, er werde ihn derart verprügeln, daß er seine Boxlizenz abgeben muß: "Wladimir wird nie wieder boxen wollen - und auch nicht mehr können." Er werde zuerst den jüngeren Klitschko besiegen und ihm die Titel abnehmen, um sich im Anschluß Vitali vorzuknöpfen. Wie er das anstellen will, plaudert der Brite ebenfalls vollmundig aus: Wladimirs Kinn sei so weich, daß er ihm sofort auf die Pelle rücken und ihn am besten gleich in der ersten Runde auf die Bretter schicken wolle. Spätestens in der fünften oder sechsten Runde werde es jedenfalls soweit sein. Wladimir halte ihn offenbar für "irgend so einen Cruisergewichtler. Aber wenn ich in den Ring steige, wird er ganz schnell spüren, dass er den härtesten Puncher vor sich hat. Ich bin schneller und härter als je zuvor." Angst vor den Schlägen der Klitschkos habe er überhaupt nicht. Selbst wenn sie etwas härter als bei anderen Boxern ausfielen, werde er das aushalten.

Nach dem Sieg über die Klitschko-Brüder, so der 30jährige Brite, werde die ganze Welt sagen: "David Haye ist der beste Erdenbürger, er hat mit gutem Grund gewonnen." Wenn er dann der "absolut konkurrenzlose und ungeschlagene Weltmeister" sei, werde er seine Karriere als Boxer beenden und stattdessen Action-Held in Hollywood werden. Was wäre dem noch hinzuzufügen!

Fußnote:

[1] http://www.stern.de/sport/david-haye-im-stern-interview-ich-werde-den-klitschkos-sehr-sehr-wehtun-1695790.html

16. Juni 2011