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SPLITTER/368: Initiative zur Gesundheitsvorsorge im US-Boxsport (SB)


Senator Dorgan nimmt vierten Anlauf zu einer Gesetzesänderung

Nun schon im vierten Jahr strebt der demokratische Senator Byron Dorgan aus North Dakota eine Gesetzesänderung an, die Mängel der Gesundheitsvorsorge im US-amerikanischen Boxsport aus der Welt schaffen soll. Wie Untersuchungsberichte und Interviews zeigen, durften in den letzten Jahren in mehreren US-Bundesstaaten Boxer in den Ring steigen, die unzureichend ärztlich überwacht waren oder aufgrund gefälschter Befunde ihre Zulassung erhielten. Doch während im Boxgeschäft weithin Übereinkunft besteht, daß eine Reform erforderlich sei, wird deren Umsetzung verschleppt und mit unzulänglichen Mitteln betrieben.

Wie der Senator vor wenigen Tagen in einem Interview beklagte, ziehe sich diese Debatte schon viel zu lange hin. Es gelte seiner Meinung nach Sicherheitsstandards zu schaffen und durchsetzen, wie das bislang eher die Ausnahme als der Regelfall sei, sagte Dorgan. Er hat nun gemeinsam mit den beiden Republikanern John McCain aus Arizona und Ted Stevens aus Alaska einen vierten Anlauf genommen, um ein Gesetz namens Professional Boxing Amendments Act debattieren und verabschieden zu lassen. In den letzten drei Jahren wurde der Entwurf zwar jeweils einstimmig vom Senat gebilligt, jedoch im Repräsentantenhaus mehrheitlich abgelehnt.

Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, ein ärztliches Zentralregister einzurichten, Mindeststandards einzuführen und eine Boxkommission auf Bundesebene mit der Aufsicht über die entsprechenden Gremien der Bundesstaaten zu betrauen. Die Befürworter der Initiative halten sie für geeignet, angemessene Kontrolle und Eingriffsmöglichkeiten zu schaffen, um die Sicherheit im Boxsport entscheidend zu verbessern.

Noch immer würden Kämpfe in Bundesstaaten zugelassen, in denen regionale Boxkommissionen nur dem Namen nach bestünden und kein nennenswertes Interesse aufbrächten, bestehende Vorgaben konsequent anzuwenden, kritisierte Dorgan. Ohne eine zentrale Aufsichtsinstanz sei es de facto unmöglich, die notwendigen Sicherheitsauflagen auf breiter Front durchzusetzen.

Gegner des Entwurfs wenden ein, daß ein derartiges bundesbehördliches Gremium lediglich die Bürokratie aufblähen würde. Eine neue Bundesbehörde zu schaffen, deren einzige Aufgabe in der Regulation des Boxsports bestehe, halte er angesichts eines jährlichen Haushaltsdefizits in Milliardenhöhe für überzogen, erklärte Noah Reandeau, der die Verbände World Boxing Association (WBA) und International Boxing Federation (IBF) in Fragen staatlicher Vorgaben berät.

Nach Schätzung des Handelsministeriums würden sich die Kosten der Geschäftstätigkeit einer nationalen Boxkommission im Zeitraum von 2008 bis 2012 auf insgesamt 34 Millionen Dollar belaufen. Reandeau geht davon aus, daß das Boxgeschäft durchaus in der Lage ist, ein angemessenes Reglement in Eigenregie zu etablieren. WBA und IBF hätten bereits Schritte eingeleitet, die Boxkommissionen der Bundesstaaten bei der Umsetzung der Mindeststandards zu unterstützen, wie sie von der Association of Boxing Commissions empfohlen worden seien. Boxer, Promoter und Funktionäre begrüßten vereinheitlichte Standards, die sie davon entlasteten, in jedem Bundesstaat eine gesonderte Prüfung des Gesundheitszustands der Kämpfer vornehmen zu lassen.

Die Standards der Association sehen unter anderem Gehirnscans, Untersuchungen von Herz und Augen, eine Prüfung der Blutwerte sowie der allgemeinen körperlichen Verfassung vor, die ohne weiteres mehrere hundert Dollar kosten können. Nach Angaben Reandeaus haben bislang nur sechs Bundesstaaten die Vorschläge der Association in vollem Umfang übernommen. Wenngleich es Bedenken hinsichtlich der Kosten gebe, gehe er dennoch davon aus, daß sich nach und nach sämtliche Boxkommissionen anschließen würden, sofern es zu keiner Störung von außen komme.

Keith Kizer, der Vorsitzende der Boxkommission des Bundesstaats Nevada, in dem zahlreiche hochdotierte Profikämpfe ausgetragen werden, hält die ärztliche Überwachung in seinem Zuständigkeitsbereich für angemessen, würde aber ein Bundesgesetz mit landesweiten Sicherheitsauflagen begrüßen. Der Kongreß sollte seiner Ansicht nach den verbindlichen Standard auf breiter Front anheben und sich für die Einrichtung einer zentralen Datenbank aussprechen, die für eine zuverlässige Kontrolle erforderlich sei.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses der Association of Boxing Commissions, Bruce C. Spizler, hält ein Bundesgesetz für das beste Verfahren, medizinische Standards durchzusetzen. Diese Auffassung teilt auch Dr. Margaret Goodman, die ehemalige leitende Ringärztin des Bundesstaats Nevada. Die Aufsichtsgremien könnten Betrug vorbeugen, sofern sie direkt mit den ärztlichen Diensten zusammenarbeiteten und nicht auf die Unterlagen angewiesen seien, die sie von Promotern, Managern und Boxern erhielten. Solange niemand tot umfalle, ändere sich überhaupt nichts, sagte Godman kürzlich im Interview. Im Boxsport dürfe es aber nicht um Leben und Tod gehen, und es sei Aufgabe der Kommissionen, die Sicherheit der Kämpfer zu gewährleisten.

3. August 2007