Makabres Arrangement im thailändischen Strafvollzug
Im thailändischen Strafvollzug werden derzeit die administrativen Voraussetzungen für die vorzeitige Haftentlassung einer Profiboxerin eingeleitet, deren Sieg in einem Weltmeisterschaftskampf hinter Gittern für diese Vergünstigung per Gnadenerlaß sorgen dürfte. Das makabre Arrangement war an den Erfolg im Ring gekoppelt und galt nicht für den Fall einer Niederlage.
Siriporn Taweesuk, die wegen Drogenhandels verurteilt und inhaftiert worden war, hat mit ihrem Sieg über die Japanerin Ayaka Miyano den vakanten Titel des World Boxing Council (WBC) im Fliegengewicht gewonnen.
Der Kampf wurde im Hochsicherheitsgefängnis Klong Prem in Bangkok ausgetragen, das allgemein als "Bangkok Hilton" bekannt ist. In dieser Strafanstalt hatte die 24-Jährige nahezu neun Jahre ihrer zehnjährigen Haftstrafe abgesessen, zu der sie wegen Handels mit kleinen Mengen Drogen verurteilt worden war.
Bei ihrem Auftritt, zu dem sie eskortiert von zwei Begleiterinnen in der traditionellen Kleidung thailändischer Krieger in eine provisorische Arena einmarschierte, wurde sie von hunderten begeisterten Anhängern lautstark unterstützt. In den Pausen spielte eine Gefängniskapelle Volksmusik. Siriporn Taweesuk ging von Beginn an in die Offensive und trieb ihre Gegnerin mit heftigen Kombinationen wiederholt in die Seile. Da der Kampf in den Nachmittagsstunden unter freiem Himmel ausgetragen wurde, forderte auch die ungewohnte Hitze ihren Tribut von der Japanerin, die unter den unablässigen Angriffen zweimal zu Boden gehen mußte.
Wie der Direktor des thailändischen Strafvollzugswesens, Natti Jitsawang, der Nachrichtenagentur AFP unmittelbar nach dem Kampf mitteilte, werde er das Justizministerium in Kenntnis setzen, das die vorzeitige Freilassung verfügen kann, die binnen zwei Monaten erfolgen dürfte. Der zuständige Ausschuß werde die Führung Siriporn Taweesuks während ihrer Haftzeit prüfen. Die Gefangene habe ihre kriminelle Zeit hinter sich. Man habe ihr die Chance gegeben, ihr Talent unter Beweis zu stellen, was ihr voll und ganz gelungen sei. Sie habe sich geändert und bekomme nun Gelegenheit, in die Freiheit entlassen zu werden und in aller Welt zu kämpfen. Auch habe man vor, sie künftig als Boxtrainerin im Gefängnis einzustellen.
Siriporn Taweesuk kündigte an, sie wolle nach ihrer Haftentlassung weiter boxen und überall auf der Welt antreten. Bei ihrer ersten Titelverteidigung soll sie gegen die Siegerin des Kampfs zwischen der Mexikanerin Delia Lopez und Julia Sahin aus dem Hamburger Boxstall Spotlight antreten. Sobald die Siegerin feststehe, werde man Zeit und Ort des Kampfs gegen die Thailänderin vereinbaren, teilte ein Vertreter des WBC mit. Normalerweise müßte die Weltmeisterin ihren Titel binnen sechs Monaten verteidigen.
Ihre mögliche Gegnerin Julia Sahin bezwang Ende Januar in einem mitreißenden Kampf des Halbfliegengewichts die Russin Anastasia Toktaulowa einstimmig nach Punkten und wurde damit neue Weltmeisterin des Verbands WIBF in dieser Gewichtsklasse. Die 32 Jahre alte Türkin ist gelernte Schlosserin und arbeitet hauptberuflich bei den Kölner Verkehrsbetrieben. Um so höher ist ihr Erfolg einzuschätzen, der ebenso eine Folge ihrer Entschlossenheit wie der Zusammenarbeit mit ihrem Trainer Michael Timm sein dürfte.
8. April 2007