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SPLITTER/350: Naseem Hamed wird Orden der britischen Krone aberkannt (SB)


Auszeichnung angesichts der Haftstrafe des Ex-Weltmeisters annulliert

Wie die Zeitung "The London Gazette" als offizielles Medium der britischen Krone und Chronik der Ordensverleihungen bekanntgegeben hat, ist dem früheren Weltmeister "Prince" Naseem Hamed der Orden MBE wegen einer 15-monatigen Haftstrafe für Gefährdung des Straßenverkehrs aberkannt worden. Die Königin habe verfügt, seine Ernennung zum "Member of the Civil Division of the Most Excellent Order of the British Empire" vom 31. Dezember 1998 zu annullieren und seinen Namen aus dem Registern besagten Ordens zu streichen.

Eine Sprecherin des Regierungsstabs erklärte dazu, es sei nicht üblich, individuelle Fälle zu kommentieren, doch komme die Aberkennung einer solchen Auszeichnung außerordentlich selten vor. Sie werde nur dann in Betracht gezogen, wenn Beweise für ein Verhalten vorlägen, das mit der Ordensverleihung unvereinbar sei.

Naseem Hameds Auszeichnung im Januar 1999 war bereits mit Verwunderung aufgenommen worden, da viele sein Verhalten außerhalb des Rings nicht als vorbildlich ansahen. Der ehemalige Schwergewichtsboxer und Träger des Ordens OBE, Henry Cooper, sprach damals mit Hochachtung von Hameds sportlichen Leistungen, doch sparte er nicht mit scharfer Kritik an dessen Äußerungen im Vorfeld eines Kampfes. Als Hamed seinem Gegner Tom Johnson angekündigt habe, er werde ihn auf den Friedhof schicken, habe er die Grenze dessen überschritten, was man noch als angemessenes Verhalten bezeichnen könne.

Während Cooper möglicherweise ein Wortgefecht zu Werbezwecken vor dem Kampf mißdeutet und moralisierend überreagiert hat, war ein völlig anderer Aspekt der Lebensführung des Boxers in der Tat problematisch, wobei die Ordensverleihung in diesem Zusammenhang das geringste Problem war. Als gläubiger Moslem war Naseem Hamed Lastern wie Alkohol, Drogen, Glücksspiel oder Affären abhold, mit denen andere Boxer ihren Ruf und ihre Karriere ruiniert haben. Seine große Leidenschaft waren jedoch die teuersten und schnellsten Autos, die ihn zu einer ernsten Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer machte. Er hatte seit Jahren Sheffield und Umgebung durch rücksichtsloses und zu schnelles Fahren unsicher gemacht, dreimal Punkte für Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kassiert, und einmal wurde ihm sogar der Führerschein entzogen. Sein Trainer Brendan Ingle, der das Verhängnis heraufziehen sah, trennte sich schließlich von ihm, da sein Schützling an diesem Punkt unkontrollierbar gewesen sei.

Hameds Wagenflotte umfaßte unter anderem einen Bentley Azure, einen Lamborghini, einen Ferrari, einen Aston Martin, einen Porsche und mit dem 320.000 britische Pfund teuren Mercedes SLR McLaren eines der schnellsten Straßenfahrzeuge, die je gebaut wurden. Am Steuer des letztgenannten Renners verursachte er wegen überhöhter Geschwindigkeit einen Verkehrsunfall, bei dem zwei Insassen eines entgegenkommenden Fahrzeugs schwer verletzt wurden und nur knapp dem Tod entkamen.

Der Unfallgegner Anthony Burgin zog sich zahlreiche Knochenbrüche und ein schweres Schädeltrauma zu, worauf er neunmal operiert werden mußte. Seine Frau, die auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, trug ebenfalls lebensgefährliche Verletzungen davon. Zeugen sagten aus, Hamed sei wie ein Verrückter gerast und habe sich nach kurzer Zeit vom Unfallort entfernt. Die Polizei nahm ihn wenig später in der Nähe seines Hauses fest, als er mit einem anderen hochmotorisierten Sportwagen davonfahren wollte.

Naseem Hamed wurde zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt, wobei der Richter ausdrücklich bedauerte, daß er die Höchststrafe nicht überschreiten durfte. Der ehemalige Weltklasseboxer verbrachte sechzehn Wochen in Haft und wurde im September vorzeitig entlassen. Wie sein früherer Trainer Brendan Ingle sagte, sei die Aberkennung des Ordens ein fürchterlicher Schlag für Hamed. Damals sei seine Familie und darüber hinaus beinahe ganz Sheffield außerordentlich stolz über diese Auszeichnung gewesen. Sein ehemaliger Schützling sei ein phantastischer Champion gewesen und bedauere das Geschehene zutiefst.

Um besser nachvollziehen zu können, wie die sehr seltene Aberkennung des Ordens im Kreise jener Briten gewertet wird, denen eine solche Auszeichnung etwas bedeutet, sei auf einige prominente Vorgänger Naseem Hameds verwiesen, deren Auszeichnung ebenfalls für nichtig erklärt wurde. Der Philosoph und Staatsmann Francis Bacon verlor 1621 seinen Titel und wurde bestraft, weil er Bestechungsgelder angenommen hatte. Der irische Nationalheld Sir Roger Casement verlor die Auszeichnung vor seiner Hinrichtung wegen Hochverrats im Jahr 1916. Kim Philby wurde der OBE und Sir Anthony Blunt der Titel eines "Knight Commander of the Royal Victorian Order" aberkannt, nachdem ihre langjährige Spionagetätigkeit für die Sowjetunion aufgedeckt worden war. Der weltberühmte Jockey Lester Piggott wurde 1988 aus dem Register des OBE gestrichen, nachdem er wegen Steuerbetrugs in Millionenhöhe eine Haftstrafe verbüßen mußte. Jack Lyons verlor die Ritterschaft nach seiner Verurteilung wegen Betrugs im Guinness- Prozeß. Der Dart-Weltmeister Phil Taylor ging im vergangenen Jahr seines MBE verlustig, nachdem er zwei weiblichen Fans zu nahe getreten war und last not least besaß der frühere rumänische Staatschef Nicolae Ceausescu das "Grand Cross of the Most Honourable Order of the Bath" nicht mehr, als er am Weihnachtstag 1989 hingerichtet wurde.

3. Januar 2007