Bertelsmann Stiftung - 06.03.2017
Leitungsmangel in Kitas gefährdet Qualität
Kita-Leitungskräfte sind verantwortlich für Pädagogik, Personal und
Budget. Wichtige Aufgaben, die entscheidend sind für die Qualität einer
Kindertageseinrichtung.
Genug Zeit dafür gibt es jedoch nur selten, in mehr als jeder zehnten Kita
sogar überhaupt keine. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt bundesweit
einheitliche Standards.
Gütersloh, 6. März 2017. Leiter und Leiterinnen von Kindertageseinrichtungen haben zu wenig Zeit für ihre Führungsaufgaben. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung. Für Pädagogik, Personal, Budget und Elterngespräche fehlt den Leitungskräften durchschnittlich etwa die Hälfte der eigentlich notwendigen Zeit. In den Bundesländern wird unterschiedlich viel Wert auf die zeitliche Leitungsausstattung gelegt.
Lediglich 15 Prozent der mehr als 51.000 Kitas in Deutschland erfüllen
derzeit die Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung. Denen zufolge sollte
jede Kita unabhängig von ihrer Größe idealerweise über eine
Grundausstattung von 20 Stunden pro Woche für Führungs- und
Leitungsaufgaben verfügen. Zusätzlich zu diesem Sockel sollten jeder Kita
pro rechnerisch ganztags betreutem Kind 0,35 Stunden wöchentlich
eingeräumt werden, um dem höheren Leitungsaufwand mit wachsender
Kita-Größe gerecht zu werden. Die Leiterin einer Kita mit rechnerisch 30
ganztags betreuten Kindern hätte nach diesem Modell 30,5 Wochenstunden,
innerhalb derer sie neben der klassischen Betriebs- und Personalführung
das pädagogische Konzept weiterentwickeln und die Zusammenarbeit mit
Eltern und externen Partnern gestalten kann. Fast doppelt so viele
Leitungsstunden würden einer Einrichtung mit 115 ganztags betreuten
Kindern zur Verfügung stehen.
Die Bedeutung dieser Aufgaben für die Qualität einer Kita ist laut Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, lange unterschätzt worden: "Eine gute Kita braucht kindgerechte Personalschlüssel und eine professionelle Leitung. Das verbessert die Qualität in den Kitas und hat einen positiven Einfluss auf die Bildungschancen der Kinder", sagt Dräger. Zwar seien in Kita-Ausbau und bessere Betreuungsrelationen in den vergangenen Jahren erhebliche Summen investiert worden, die Ausstattung mit Leitungsressourcen sei allerdings zumeist vernachlässigt worden. "Die gestiegenen Ansprüche von Eltern, Gesellschaft und Politik kann eine Kita kaum erfüllen, wenn nicht wenigstens eine halbe Stelle für Leitungsaufgaben vorhanden ist", so Dräger.
Genau das trifft derzeit jedoch nur auf jede zweite Kita zu. Allen anderen knapp 25.000 Kitas in Deutschland steht noch nicht einmal der von der Bertelsmann Stiftung empfohlene Sockel von 20 Leitungsstunden zur Verfügung. Fast 11 Prozent der deutschen Kitas haben sogar überhaupt keine zeitlichen Ressourcen für Leitungs- und Verwaltungsaufgaben. Davon betroffen sind vor allem kleinere Einrichtungen. Jeder vierten Kita mit weniger als 40 Plätzen steht keinerlei Zeit für Leitung und Verwaltung zur Verfügung. "Die Null-Ausstattung für Leitung geht zu Lasten der Kinderbetreuung, des pädagogischen Konzepts und der Gesundheit der Leiterin", sagt Dräger.
Ähnlich wie bei den Personalschlüsseln stellt sich die Lage in den einzelnen Bundesländern höchst unterschiedlich dar. Überhaupt keine zeitlichen Ressourcen haben in Bremen 28 Prozent der Kitas, in Sachsen-Anhalt und Thüringen hingegen nur knapp 1 Prozent. Und während in Hamburg jede zweite Kita die Empfehlung der Bertelsmann Stiftung erfüllt, erreichen in Thüringen nur 3 Prozent der Kitas den empfohlenen Wert. Nicht viel besser ist die Lage in Sachsen-Anhalt (4 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (5 Prozent) und Bayern (6 Prozent).
Für Jörg Dräger sind diese eklatanten Unterschiede zwischen den Ländern ein Beleg dafür, dass es eines bundesweit einheitlichen Standards bedarf. Mit einem solchen Standard kann die Zeit bemessen werden, über die Leitungskräfte verfügen sollten. "Die nötigen Ressourcen für die Leitung einer Kita sollten gesetzlich verankert und finanziell gesichert sein", fordert der Vorstand der Bertelsmann Stiftung.
Um das bestmögliche Maß an Professionalisierung zu erreichen, fehlen für die Leitungsebene umgerechnet 21.800 Vollzeitkräfte in Deutschland. Bundesweit bedeutet dies einen Anstieg der Personalkosten um jährlich bis zu 1,3 Milliarden Euro (das entspricht in etwa 5 Prozent der öffentlichen Ausgaben für die Kindertagesbetreuung).
Zusatzinformationen
Grundlage der Analyse "Qualitätsausbau in KiTas 2017" sind Daten der
Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und
Jugendhilfestatistik. Stichtag für die Datenerhebung war der 1. März 2016.
Die Berechnungen und Empfehlungen beziehen sich auf
Kindertageseinrichtungen ohne Horte. Forschungsergebnisse und
fachpolitische Empfehlungen stellt die Bertelsmann Stiftung am 7. März
2017 auf dem Kongress "KiTa-Leitung unter Druck" in Berlin vor.
Weitere Informationen unter:
http://www.bertelsmann-stiftung.de
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution605
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Bertelsmann Stiftung, Benjamin Stappenbeck, 06.03.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 8. März 2017
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