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KIND/066: Mit Kindern die Welt entdecken - jeden Tag neu (idw)


Klaus Tschira Stiftung gGmbH - 27.02.2007

Mit Kindern die Welt entdecken - jeden Tag neu

Projekt der Klaus Tschira Stiftung entwickelt sich zum Zentrum für naturwissenschaftliche Frühförderung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg - Start am 01. März 2007 - Materialkisten ausleihbar


Es ist, als ob man einen Stein ins Wasser geworfen hätte. Vor gut eineinhalb Jahren startete Manuela Welzel das von der Klaus Tschira Stiftung initiierte und geförderte Projekt "Mit Kindern die Welt entdecken". Die Professorin für Physik und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg hoffte, dass Erzieherinnen in vier Heidelberger Kindergärten sich von ihrer Begeisterung für naturwissenschaftliche Phänomene anstecken lassen würden. Mit ihrem Team entwickelte Manuela Welzel ein Fortbildungskonzept für Erzieherinnen, das nicht nur ein gutes Dutzend mehrstündige Fortbildungen enthält, sondern auch eine individuelle Beratung in den Kindertagesstätten.

Was die Fachleute nicht erwartet hätten: Binnen kurzer Zeit entwickelten die Erzieherinnen so viel Interesse an den naturwissenschaftlichen Fragen, dass sie einander mit immer neuen Experimentierideen übertrafen. Und seitdem breiten die Wellen sich aus. Auch die beteiligten Kinder veranstalten seither nicht nur in ihren Kindergärten Wettrennen mit Luftballonraketen, betreiben Heißluftballons über Toastern oder lassen Büroklammern wie Wasserläufer treiben. Die Zwei- bis Sechsjährigen experimentieren auch zu Hause und kommen täglich mit neuen "Kinder-Fragen" und Ideen. Am 1. März wird aus dem zweijährigen Pilotprojekt das Zentrum für naturwissenschaftliche Frühförderung, für weitere zwei Jahre gefördert durch die Klaus Tschira Stiftung.

Bundesweit gibt es viele Ideen zur Förderung der naturwissenschaftlichen Bildung von Vorschulkindern. Das Heidelberger Team um Prof. Welzel geht einen besonderen Weg: Im Mittelpunkt steht die Fortbildung der Erzieherinnen, denn diese kennen die Stärken, Schwächen, Ängste und Fähigkeiten "ihrer" Kinder. Daher sind sie es, die am besten - in enger Kooperation mit den Fachleuten - fördernde Maßnahmen entwickeln, erproben und auf ihre Machbarkeit prüfen können. Die Kinder wiederum profitieren am ehesten von einer Fördermaßnahme, die ihren Platz im Kindergartenalltag findet. In der eigenen Kindergartengruppe muss es täglich möglich sein, neuen Fragen gemeinsam nachzugehen, alltäglichen Phänomenen nachzuforschen, etwas auszuprobieren, zu beobachten und eigene Schlüsse zu ziehen. Denn die Kinder bekommen bei dieser Förderung keine fertigen Experimente und Antworten vorgesetzt. Sie selbst sind die Forscher. Häufig beobachten die Erzieherinnen sogar, dass "stumme" Kinder durch das gemeinsame Experimentieren "auftauen" und über das Erlebte zu sprechen beginnen.

Ausgehend von Fragen, die Erzieherinnen und Kinder stellten, entwickelte das PH-Team bis heute 18 Materialkisten zu verschiedenen Themen, die als Grundlage für neue Spielexperimente genutzt werden können. Die Frage "Warum müssen Menschen im Weltraum einen Raumanzug tragen?" führte beispielsweise zum Aufbau der Materialbox "Kann ein Schokoschaumkuss wachsen?" Ab 1. März können auch andere Kindergärten die Materialkisten für jeweils eine Woche kostenlos ausleihen und im Zentrum für naturwissenschaftliche Frühförderung in praxisorientierten Ratgebern und Experimentier-büchern stöbern.

Ein wesentlicher Teil des Forschungsprojektes ist die Dokumentation und wissenschaftliche Begleitung des Fortbildungskonzepts. Denn das PH-Team möchte das Kindergartenpersonal nicht zu Vorschullehrern für Naturwissenschaften ausbilden. Vielmehr sollen die Erwachsenen befähigt werden, für die Kinder eine anregende Lernumgebung zu schaffen, in der sie ihre kindliche Neugier frei ausleben können und mit ihren Fragen nicht ins Leere laufen. Hierzu filmen die Wissenschaftler die Experimente und besprechen die Filme mit den Erzieherinnen, befragen sowohl sie wie die Kinder. In zwei Dissertationen wird untersucht, inwieweit die Erzieherinnen an Selbstkonzept, Handlungskompetenz, didaktischem Geschick und Motivation gewinnen und was die Kinder davon haben. "Wir erhalten Anfragen aus ganz Deutschland nach unseren Forschungs- und Beratungsmethoden", sagt Prof. Welzel. Eine weitere Studie befasst sich damit, was von dem im Kindergarten Gelernten in die Schule mitgenommen wird. Hierzu wurde frühzeitig die Kooperation mit benachbarten Grundschulen gesucht.

Ab Juli 2007 bietet das Zentrum auch regelmäßige Kurse und Beratungen für Erzieherinnen an. Das Interesse ist groß, denn nicht nur von der Pädagogischen Hochschule aus breiten sich die Ideen überall hin aus. Auch von den beteiligten Erzieherinnen ist der Funke auf andere Kindergärten übergesprungen. Außerdem arbeitet das PH-Team mit anderen Initiativen zusammen, wie dem Kindergartenlabor Mannheim e.V. oder dem Kinderlabor der Universität Potsdam. Weiterhin besteht bereits eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Fachschulen für Sozialpädagogik in Baden-Württemberg. "Erste Schritte, die naturwissenschaftliche Frühförderung in die Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen einzubringen, sind von verschiedenen Seiten bereits gegangen worden", sagt Klaus Tschira. "Wir hoffen, dass sich die neuen Ideen durchsetzen."

"Kinder haben gerade im Alter von drei bis sechs Jahren einen natürlichen Forscherdrang", antwortet Manuela Welzel, wenn sie besorgte Eltern fragen, ob die Begegnung mit den Gesetzen der Physik nicht noch Zeit habe. "Sie sind neugierig, probieren aus, stellen Fragen, warten auf Antworten, fragen weiter. Für die kindliche Entwicklung ist spielerisches Lernen sogar von besonderer Bedeutung: Sie üben dabei, zu beobachten, zu unterscheiden, zu ordnen, kausale Zusammenhänge zu erkennen und darüber zu sprechen. Sie setzen die Dinge in ihrer Umwelt miteinander in Beziehung. Solche Erfahrungen bilden die solide Basis, um später im Schulunterricht naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten zu verstehen. Leider bringen aber immer weniger Kinder diesen Fundus mit."

Die an dem Pilotprojekt "Mit Kindern die Welt entdecken" beteiligten Heidelberger Kindergärten und Grundschulen sind in beigefügtem Dokument aufgelistet.

Das Zentrum für naturwissenschaftliche Frühförderung der Pädagogischen Hochschule Heidelberg ist ab 1. März geöffnet von 9 Uhr bis 14 Uhr (montags und donnerstags) und von 14 Uhr bis 18 Uhr (donnerstags). Tel: 06221-477 591, MatBib@ph-heidelberg.de

Die Klaus Tschira Stiftung gGmbH unterstützt die Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik. Bei allen Aktivitäten ist sie darauf bedacht, das Verständnis der Öffentlichkeit für diese Fächer zu fördern. Zu Ihren Angeboten für Kinder zählen unter anderem die naturwissenschaftlichen Erlebnistage explore science (vom 23. - 27. Juni 2007) und der Jugendsoftwarepreis (Einsendeschluss 17. September 2007). Nähere Informationen: www.kts.villa-bosch.de.

Weitere Informationen erhalten Sie im Internet unter:
www.mitkinderndieweltentdecken.de/
www.kts.villa-bosch.de/deutsch/aktivitas/20060901spektrum-der- wissenschaft.pdf


Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution412


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Klaus Tschira Stiftung gGmbH, Dipl.Biol. Renate Ries, 27.02.2007
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2007