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FORSCHUNG/088: Neues Projekt an der Universität Tübingen zum Thema "Wertegemeinschaften" (idw)


Eberhard Karls Universität Tübingen - 17.07.2008

Neues Projekt an der Universität Tübingen zum Thema "Wertegemeinschaften"

Weltweites Netzwerk renommierter Universitäten geplant


An der Universität Tübingen beginnt im Juli 2008 ein neues Kooperationsprojekt unter dem Titel "Wertegemeinschaften". Koordiniert wird das Projekt von dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Wertheimer und dem Juristen Prof. Dr. Heinz-Dieter Assmann in Kooperation mit dem Leiter des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg, Prof. Dr. Frank Baasner. Das Projekt verfolgt die Intention, entlang von Sprache und Dialog unterschiedliche in ihrer charakteristischen Denkweise begründete Wertesysteme gegenüberzustellen und ihre Spezifika, auch die eines genuin europäischen Wertekosmos, zu erkunden.

Finanziert wird das Projekt mit 750.000 Euro vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Rahmen der Zukunftsoffensive IV des Landes Baden-Württemberg. Geplant ist ein weltweites Netzwerk von renommierten Universitäten wie der Rikkyo Universität in Tokio, der Sorbonne in Paris, der Jawaharlal Nehru University in New Dehli und der University of Stellenbosch in Südafrika. An all diesen Universitäten werden Stipendien für Nachwuchswissenschaftler ausgeschrieben, es wird kurze Gastprofessuren, Tagungen und Veröffentlichungen geben. Jährlich sollen zwei Tagungen in Tübingen stattfinden, deren Ergebnisse publiziert werden. In einem ersten Kolloquium zum Thema "Dialog" vom 20. - 23. November 2008 soll es vor allem um die Diversität von Dialogkulturen gehen und darum, den eigenen Dialog an literarischen Darstellungen gemeinsam zu reflektieren und gemeinsam zu relativieren.

Zum Hintergrund:

Die globalen Kräfteverhältnisse befinden sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Mit dem weltweiten Warenaustausch und der menschlichen Mobilität wechseln auch kulturelle Wertesysteme ihre Geltungsräume und werden mit anderen konfrontiert. Dieser Prozess hat einerseits Ängste geweckt, andererseits die Hoffnung auf eine einheitliche, universelle Wertewelt genährt. Das Tübinger Projekt steht jenseits allzu geläufiger Theorien wie der des "Kampfs der Kulturen" und des "Dialogs der Kulturen".

Das Thema wird aus literaturwissenschaftlicher und rechtswissenschaftlicher Perspektive bearbeitet, um damit einer verabsolutierenden Wahrnehmung von Werten und Bewertungen zu entgehen. In seiner Gesamtheit stellt das Projekt bewusst nicht einen philosophischen oder theologischen Wertebegriff in den Mittelpunkt, sondern betrachtet Werte als dynamische Koordinaten, die sowohl in der literarischen Verarbeitung als auch in der juristischen Verhandlung ihre Kraft entfalten.

In der Literatur werden nicht nur persönliche Anschauungen und Geschichten erzählt, sondern auch die oft hochproblematische Auseinandersetzung mit Werten und Normen einer Kultur am Einzelschicksal dokumentiert. Ein komplementärer Zugang zum Thema ist durch die Rechtswissenschaft gegeben, die es mit formalisierten Normsetzungsprozessen und daraus hervorgehenden Normen zur Regelung des menschlichen Zusammenlebens zu tun hat. Gerade wenn es um transnationale Sachverhalte geht, melden sich unterschiedliche kulturelle Zusammenhänge nicht erst bei der Auseinandersetzung über die Art und Weise der Konfliktbewältigung, sondern bereits bei der Verständigung über Art und Herkunft des Konfliktes. Als Modalitäten einer Verständigung ist hier nicht nur "Dialog", sondern auch der rechtsförmlich ausgetragene "Streit" in den Blick zu nehmen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution81


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Eberhard Karls Universität Tübingen, Michael Seifert, 17.07.2008
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2008