Der Tisch ist verlassen, die Schachuhr steht still und die beiden Spieler unterhalten sich im Foyer über ihre Partie. Eine sehr kämpferische Begegnung war es gewesen, ausgetragen im Wolga-Gambit und treffend gewählt zu diesem Turnier im polnischen Polanica Zdroj, das zu Ehren von Akiba Rubinstein veranstaltet wurde. Denn erstmals hatte sich Rubinstein 1922 in Wien gegen dies ungewöhnliche Gambit seiner Haut erwehren müssen. Während die beiden Spieler Knaak und Pokojowczik beim Erörtern der Varianten die Welt um sich herum vergessen, schleicht ein Kiebitz ans Brett und wirft einen langen Blick auf die Stellung. Seine Gedanken vertiefen sich in die Möglichkeiten der unbeendeten Partie. Der schwarze König steht im Schach. Unser Kiebitz überlegt nun, welche Abschlußpointe Pokojowczik, der die Partie nach dem Schachgebot aufgegeben hatte, dem Publikum vorenthielt. Er zieht die Fäden um den schwarzen König zusammen, bis er sich im Matt nicht mehr rühren kann. Manchmal, so denkt sich unser Kiebitz, behalten die Schachmeister die schönsten Mattkombinationen für sich. Also, Wanderer, welches sehenswerte Matt schlummert im heutigen Rätsel der Sphinx?
Knaak - Pokojowczik
Polanica Zdroj 1979
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Aufzuhalten war ein klardenkender Bent Larsen selten, wie er in seiner
Partie gegen den Holländer van der Wiel bewies: 1.Le3xd4! - Auftakt zu
einer Opferserie - 1...Tb2-b1+ 2.Ke1-d2 Tb1xh1 3.Sf3xe5! -
hereinspaziert, schwarzer Tod - 3...f6xe5 4.Tc5xe5+ Ke8-d8 5.Ld4-c5
Th1xh2 6.Lc5-b4! Lc8-b7 7.Da4xa7 Th2xf2 - der Holländer wußte sich
keinen besseren Rat, als mit Pauken und Trompeten unterzugehen -
8.Da7xf2 Th8-e8 9.Te5xe8+ Dd7xe8 10.a3-a4 und hier verließ ihn das
letzte Quentchen Lust am Weiterspielen.
Erstveröffentlichung am 11. Oktober 2005
10. Oktober 2018
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