Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06578: Nicht jeder Gedanke ist der Mühe wert (SB)


Fehlkombinationen sind das Salz einer Partie, und sie sind um so charmanter, je tiefer die Widerlegung im Geäst einer Stellung verborgen ist. Da wird eine Figur geopfert, um eine bestimmte Drohung wachzurufen, die auf dem ersten Blick das Gefüge der Kräfte zum eigenen Gunsten zu verschieben scheint. Das Herz schlägt einem freudig höher, wenn der Kontrahent scheinbar blind und ahnungslos in die Falle hineintappt. Man führt seinen Zug aus, lächelt still in sich hinein und glaubt, den Fuchs in seinem Bau gefangen zu haben. Doch dann kommt die schreckliche Überraschung ans Licht. Nicht man selbst, sondern der andere erwies sich als der geschicktere Fallensteller. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Schachfreund Bach eine Figur hergegeben, um sodann mit einer Bauerngabel - Dame und Springer sind aufgespießt - das Material mit Zins und Zinseszins zurückzugewinnen. Der Schlußstrich wurde jedoch an einer anderen Stelle gesetzt und Leidtragender war der, dessen Berechnung kühn, aber fadenscheinig war. Sag', Wanderer, war 1...d5-d4 die kostspielige Operation wert? Die Kräfte einer Stellung nehmen zuweilen einen anderen Verlauf, als sie ein hoffnungsvoller Gedanke zu bündeln scheint.



SCHACH-SPHINX/06578: Nicht jeder Gedanke ist der Mühe wert (SB)

M. Pribyl - Bach
Böblingen 1994

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die nervliche Belastung und der aufzehrende Konkurrenzkampf gegen Karpow hatten Kasparow in der entscheidenden Partie gegen Kramnik fehlgreifen lassen. Mit 1...Tc8-e8! 2.Td1-e1 b7-b6 hätte er eine solide Verteidigungsfront aufbauen können. 3.Te1-e5 wäre dann einfach mit 3...Tf6-h6 erwidert worden.


Erstveröffentlichung am 31. Mai 2005

28. Mai 2018


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang