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SCHACH-SPHINX/06187: Seirawans Schmachpartie (SB)


Hinterher ärgerte sich der amerikanisch-syrische Großmeister Yasser Seirawan schwarz. Nicht, weil er die schwarzen Steinen geführt hatte. Auch nicht, weil sein Gegner Boris Spasski hieß. Seirawan grollte über sich selbst. Beim Kandidatenturnier 1985 in Montpellier ließ sich der Anlagenberater entgegen seiner sonstigen Gepflogenheit auf das Abenteuer ein, auf Spasskis 1.e2-e4 mit 1...e7-e5 zu erwidern. Seirawans Naturell sind offene Spiele nicht, und Spasski wußte das. Was lag also näher, als den eingebürgerten US-Amerikaner in die schwer zu durchschauenden Gefilde des Königsgambits zu locken. Die Rechnung ging auf. Seirawan, der sich für gewöhnlich mit französisch oder Caro- Kann zu verteidigen pflegte, geriet bereits nach seinem siebten Zug in Kalamitäten, büßte etwas später seine Dame für ein geringes Entgelt ein und verlor die Partie, nachdem er sich in Agonie bis zum 31. Zug durchgequält hatte. Im heutigen Rätsel der Sphinx soll allerdings nur der besagte siebte Zug und seine Bestrafung zur Debatte stehen. Seirawan zog zuletzt - aus Unerfahrung, Übermut, falscher Einschätzung der Lage? - 7...Dd8-e7? Nun, Wanderer, was hatte der wohl bestgekleideste Großmeister auf der internationalen Bühne völlig unberücksichtigt gelassen?



SCHACH-SPHINX/06187: Seirawans Schmachpartie (SB)

Spasski - Seirawan
Montpellier 1985

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mit 1...g5-g4! wäre die Stellung tot und remis gewesen. Nach 1...Th7- h3? indes konnte Seirawan mit 2.g3-g4! f5-f4 3.e3xf4 Th3xa3 4.f4xg5 Ta3-a2+ 5.Ke2-f3 eine aussichtsreiche Stellung herbeiführen. Und doch hätte Kasparow auch jetzt noch mit 5...Ta2-a3+ 6.Kf3-g2 Ta3-a2!! 7.g5- g6 Ta2-e2 8.Td4-f4 Te2-e8 gute Remischancen gehabt. Statt dessen verdarb er die Partie völlig mit 5...c4-c3?? 6.Td4-d1 d5-d4 7.g5-g6 d4- d3 8.Kf3-e3 Ta2xf2. Die Abbruchstellung wurde von Kasparow nicht wieder aufgenommen. Nach Beseitigung der schwarzen Freibauern hätte der weiße g-Bauer entschieden.


Erstveröffentlichung am 07. Mai 2004

1. Mai 2017


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