Der positionell geschulte Verstand rät zur Vorsicht, zum Gang der vielen kleinen Schritte, allein, der Übermut wünscht sich einen Sieg nach Art der Meister der romantischen Ära. Alle Einwände des guten Schachgewissens beiseite schiebend, begibt sich der Recke aufs Glatteis seiner Träume. Sein Blick hängt gebannt an der Kombination, die ihm sirenengleich zu sich lockt. Immer wieder rechnet er die Möglichkeiten im Kopf durch. Doch der Schatten des Zweifels verblaßt zuletzt. Allzu schön wäre der Triumph. Also setzt er alles auf die eine Karte. Die Kombination ist korrekt, doch stolpert der Triumphator über seine eigene List wie im heutigen Rätsel der Sphinx, wo Meister Levy statt der gewissenhaften Fortsetzung 1.Ld2xf4 Sd5xf4 2.De2-g4! - nun verböte sich 2...Sf4xg2+? 3.Ke1-f1 und der schwarze Springer hätte nicht mehr entkommen können -, das trügerisch glänzende Opfer 1.Sg5xe6? Lf4xd2+! 2.Ke1xd2 f7xe6 3.De2xe6+ Kg8-h8 4.De6xc6 brachte und dank des Doppelangriffs auf Turm und Springer zu siegen hoffte. Den spekulativen Hintergrund seiner Überlegungen erkannte er leider viel zu spät. Also, Wanderer, was hatte Meister Levy übersehen, das ihm statt des Lorbeers die Dornenkrone aufsetzte?
Levy - Hope
Salisbury 1967
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Polugajewsky nutzte den Umstand, daß die weiße Dame ungedeckt stand,
um den weißen Angriff zu neutralisieren und seinen eigenen
voranzutreiben: 1...f7-f6! 2.Dg5-h4 - 2.Dg5-f4 f6-f5! - 2...f6-f5
3.Le4-c2. Die beiden weißen Angriffsfiguren waren aus ihren guten
Positionen gedrängt worden. Nun konnte Polugajewsky die Schwächen im
weißen Lager - die Bauern e5 und b2 - aufs Korn nehmen: 3...Sb3-d2+
4.Kb1-c1 Sd2-c4 5.Dh4-d4 Da5-c7 6.Dd4-d7 Sc4-e3 7.Dd7xc7 Tc8xc7 8.Td1-
d2 Tc7-c5 9.Kc1-b1 Se3xc2 10.Td2xc2 Tc5xe5 11.Tc2-c4 Te5-e2 12.Tc4xa4
Te2xg2 13.Ta4-c4 e6-e5 14.Tc4-c5 Tg2-e2 und Weiß gab das hoffnungslose
Endspiel auf.
Erstveröffentlichung am 24. April 2004
17. April 2017
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