Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06111: Advokat der eigenen Gedanken (SB)


Ein in Liebesdingen geübter Franzose hätte es nicht besser sagen können als der polnische Schriftsteller Jan Sztaudynger, der beim Anblick der beiden Schachdamen, seiner eigenen und der seines Gegenübers, ins Sinnieren kam und an diesem Beispiele höherer Ordnung ethisch-moralische Betrachtungen über das Beziehungsgeflecht zwischen Mann und Frau in Ehebanden anstellte. Er schrieb: "An die, die das Wesen des Schachs zu erfassen sich bemühn: Dies ist ein Spiel, wo man einer fremden die eigne Dame pflegt vorzuziehen. Doch wie im Leben immer, die Tücke auch hier gewinnt, die eigne mag man lieber, doch die fremde man nimmt." Nun soll das heutige Rätsel der Spinx beileibe nicht als Aufforderung zum Ehebruch mißverstanden werden. Der Betrachter eines Problems ist schließlich stets auch der Advokat seiner eigenen Gedanken. Vielleicht tut Biedersinn in diesen Dingen not. Wer immer nur ins volle Menschenleben hineingreift, nun, der hält vielleicht am Ende weniger in Händen als den Hauch eines Versprechens. Und wie oft schon rettete die eigene Herzensdame Heim und Haus und damit auch des Ehegatten Leben. Man muß das Problem immer als Ganzes betrachten. Während sich Meister Popestcu recht ungeniert an den weltlichen Freuden bereicherte und nunmehr mit 1...Lc6xg2 noch einen Läufer vernaschte, hielt es sein Kontrahent Klostermann - der Name verpflichtet - lieber mit der Treue und gewann. Also, Wanderer, nichts ist biederer und gesünder als ein Schachmatt!



SCHACH-SPHINX/06111: Advokat der eigenen Gedanken (SB)

Klostermann - Popestcu
Fernpartie 1972

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Forsch sah 1.Sc3-b5 in der Tat aus, aber der Untergang des weißen Hauses wäre damit nicht aufzuhalten gewesen: 1...Db6xb5! 2.Ld3xb5 b3xc2+ 3.Kb1-c1 Lb4-d2+!


Erstveröffentlichung am 22. Februar 2004

14. Februar 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang