Howard Staunton, Englands großer Meister des 19. Jahrhunderts und Organisator des ersten internationalen Turniers in London 1851, war Schachspieler und Shakespeare-Übersetzer und daher wohlvertraut mit den Schlichen und Schelmereien, die sein Landsmann und Dramaturg in seinen Stücken so brillant zum besten gegeben hatte. Man weiß nicht genau und kann darüber nur rätseln, welche Shakespearsche Gestalt ihm im Kopfe herumspukte, als er 1858 unter Ausflüchten, Hinhaltungen und Vertröstungen einem Zweikampf mit Paul Morphy, der eigens zu diesem Zwecke über den Atlantik geschifft war, tunlichst aus dem Wege ging. Schon Jahre zuvor hatte Staunton mit der gleichen Beharrlichkeit Adolf Anderssen das Duellieren am Brett verleidet. Staunton trat die Retirade aus guten Gründen an. Sein Ruf, Kenner der Materie zu sein, war schon arg gelitten, und Morphy hätte mit Sicherheit auch noch die letzte Scherbe englischen Stolzes an ihm zerschlagen. So reiste Morphy nach zehnwöchiger vergeblicher Geduldsprobe nach Paris ab und war um die Erfahrung reicher, daß Englands Vorherrschaft auf dem Felde der Schachkunst nur mehr ein Relikt verflossener Zeiten war. Im heutigen Rätsel der Sphinx fiel der englische Meister Barnes dem Morphyschen Wetterleuchten zum Opfer. Der Amerikaner hatte zuletzt 1...Lc8-e6 gezogen, Barnes griff nun zu 2.Lc4xe6 und wurde binnen kurzem an die Wand gespielt. Also, Wanderer, wie überrollte der Mann aus New Orleans die marode weiße Stellung?
Barnes - Morphy
London 1858
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Das treulose Gefühl verließ den Geliebten nach 1...Td6xd5! stehenden
Fußes, denn das Schlagen des schwarzen Turmes hätte ein Matt mit der
Dame auf e3 ergeben und 2.Td1xe1 scheiterte an 2...Td5-f5+
Erstveröffentlichung am 02. Februar 2004
25. Januar 2017
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