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SCHACH-SPHINX/06077: Majestätsbeleidigend (SB)


Ach, mit wieviel schönen geschliffenen Worten ist seit jeher der König auf dem Schachbrett bedacht worden. Eimerweise hat man Lobesreden über ihn ausgeschüttet, seinen Wert emporgedichtet, olympisch schien er zu werden; und doch ist er, bedenkt man es nüchtern, nur ein kleiner Wicht, viel ärmer als seine Untertanen und auch ungleich hilfloser. Ja, im alten Schach der Araber besaß er noch majestätische Würde. Doch die Neuzeit degradierte ihn zu einem bloßen Gespenst einstiger Stärke, machte einen Eckensteher und Aus-der-Ferne-Glotzer aus ihm. Oskar Affermann hingegen hielt seine Meinung nicht hinterm Berg und schrieb fast majestätsbeleidigend im Jahre 1891 über diese Figur: "Ein alter, vertrottelter König ist die Hauptfigur. Wohlweislich hält er sich während des ganzen Spiels im Hintergrund. Nur im äußersten Notfall bewegt er sich vom Fleck und auch dann nur schwerfällig. Mit souveräner Selbstverständlichkeit schickt er ein ganzes Heer für sich in die Schlacht und läßt sie sterben; ja nicht einmal seine eigene Frau verschont er, nur, damit er ungefährdet auf seinem Platz dahindämmern kann ... Geht es ihm aber wirklich an den Kragen, stirbt er nicht etwa tapfer wie seine mißbrauchten Soldaten, sondern erklärt sich für schwach und matt und kapituliert wie ein rechter Feigling." Auch im heutigen Rätsel der Sphinx macht der König keine gute Figur. Unser unbekannter Schachfreund stellte nunmehr mit 1.Tf1xf2 eine blindäugige Falle. Natürlich fiel Meister Blumenthal nicht auf so etwas Simples wie 1...Tf8xf2?? 2.Dd5xa8+ Tf2-f8 3.Da8xf8# herein, sondern ließ wiederum den weißen König für die Spiegelfechterei der Falle büßen. Also, Wanderer, wie ging der weiße Narrenkönig zugrunde?



SCHACH-SPHINX/06077: Majestätsbeleidigend (SB)

N.N. - Blumenthal
Berlin 1908

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der schwarze König war nicht mehr zu retten. Nach 1...h7-h6 geschah vortrefflich 2.Sb1-c3!, worauf 2...h6xg5? 3.Sc3-e4! Se7xd5 4.Se4xd6# oder 3...Sd6xe4 4.Dd5-f7# sofort entschieden hätte. Schachfreund Zander versuchte daher 2...Th8-h7, doch nach 3.Dd5-g8 sah er mit Entsetzen, daß 3...Th7-g7 an 4.Sc3-d5! Tg7xg8 5.Sd5-f6# scheiterte, zog noch 3...h6xg5 und gab nach 4.Dg8xh7 wegen des drohenden Mattüberfalls 4...Lf8-g7 5.Dh7-g8+ Lg7-f8 6.Dg8-g6+ Sd6-f7 7.Lb3xf7# sogleich auf.


Erstveröffentlichung am 20. Januar 2004

11. Januar 2017


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