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SCHACH-SPHINX/05764: Aufklärerischer Schuß nach hinten (SB)


Atheisten sind eine seltsame Art von Mensch. Einesteils leugnet ihr gesamtes inneres Konzept die Existenz eines Gottes. Andererseits ist ihre Verneinung einer übergeordneten Macht unzerrreißbarer in ihrer Fesselfunktion an sie gebunden, als es der Glaube je sein könnte. Die Verneinung setzt eine Bejahung unumstößlich voraus. Man könnte auch sagen, daß die Gedankenschlinge von Anfang und Ende erst die Ewigkeit ins Denken installiert. So finden wir bei Atheisten die kuriosesten Formen der doppelten Verneinung: "Bis jetzt habe ich keinen Gott gefunden, der mir einleuchtet." Diese Worte stammten von Friedrich Dürrenmatt, klingen zwar weise, sind jedoch in ihrer Grundprämisse durch und durch theistisch. Friedrich Nietzsche, ein anderer Atheist von Weltruf, hatte einst behauptet, daß Gott tot sei. Der Logik zufolge hat er gelebt, und da der Tod keine Wirklichkeit für einen Gott besitzt, lebt er also immer noch. Wieder ein aufklärerischer Schuß nach hinten und eine nicht gerade gescheite Art, sich selbst an der Nase zu führen. An dieser Stelle soll nun nicht über Wert und Unwert göttlicher Weltordnungen philosophiert werden. Die simpelste Art der Überzeugung lautet ohnehin: Bin ich tot, so werde ich die Wahrheit erfahren. Darin stimmen Atheisten und Theisten glückselig überein. In dieser letzten Begründung steckt ihr Funke Hoffnung. Auch das Schach besitzt seit 1944 eine Himmelsleiter dank der Schutzpatronin Theresia von Avila. Ihr ist das heutige Rätsel der Sphinx geweiht und gewidmet. Weiß scheint sein Ziel erreicht zu haben. Mit seinem letzten Zug 1.Dd2-f2 hoffte er den schwarzen Königsflügel überrollen zu können, doch de Gleria fand einen glorreichen Einfall. Also, Wanderer, wie konnte er seine Stellung gesundbeten?



SCHACH-SPHINX/05764: Aufklärerischer Schuß nach hinten (SB)

Balcerak - de Gleria
Deutschland 1994

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Da hatte sich Meister Mikac mit seinem letzten Zug 1...Sh5xf6? selbst ins Netz des Teufels gelockt: 2.Sf5-h6+ Kg8-h7 2.Tf1xf6! und nun wäre 2...Lh8xf6 an 3.Lg5xf6 Kh7xh6 4.Dd1-d2+ Kh6-h7 5.Dd2-g5 zugrunde gegangen, weswegen Mikac 2...Sc7-e8 versuchte, nach 3.Sh6-g4 jedoch aufgab. Zu Recht, denn nach 3...Se8xf6 4.Sg4xf6+ Lh8xf6 5.Lg5xf6 wäre seine Stellung nicht mehr zu halten gewesen.


Erstveröffentlichung am 18. März 2003

03. März 2016


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