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SCHACH-SPHINX/05734: Mit den Augen gedacht (SB)


Einen humoristischen Anschlag auf die alten Meister des Königlichen Spiels verübte beispielsweise der Engländer William Hartston. Er glaubte, aus der Besonderheit der Augenbewegungen während einer Partie Rückschlüsse auf die einzelnen Vorlieben ziehen zu können. So hielt der Ex-Weltmeister Michail Tal seine Augen nach innen gerichtet, was laut Hartston dessen zentrumsbündelndes Spiel erkläre. Ganz anders der dänische Großmeister Bent Larsen, der mit weit aufgerissenen Augen am Brett zu sitzen pflegte, weswegen er auch gerne über die Flügel ging. Siegbert Tarrasch, "Praeceptor Germaniae" der er war, hatte nicht etwa zufällig den Lehrsatz vom Rand- und Schandspringer aufgestellt, sondern, so Hartston in gewitzter Analytik, weil er kurzsichtig war und es seinen Gegnern auf diesem Wege verleiden wollte, mit den Gäulen über die Randfelder anzugreifen. Einen besonderen Zusammenhang zwischen kausalem Augenleiden und Verhalten am Brett glaubte Hartston bei Paul Keres ausmachen zu können. Keres neigte in seinen Partien dazu, sanft hin und her zu schaukeln, dies, so Hartston, um das gesamte Brett in die Optik zu bekommen. So amüsant diese Versuche auch sein mögen, in einem Punkt hatte der Engländer sicherlich Recht: Schach wird auch mit den Augen gedacht. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Keres offenbar das Brett nur partiell beim Schaukeln in den Blick bekommen, denn sein Kontrahent Symslow fand nun den doppelten Keulenschlag, um die weiße Stellung zu zertrümmern, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05734: Mit den Augen gedacht (SB)

Keres - Smyslow
Zürich 1953

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mit 1.Ka1-b1? hatte Lobron das Remis aus der Hand gegeben, denn Gurewitsch spielte 1...Sh4-f3! 2.De6-h6+ Kf8-e7, und plötzlich konnte Weiß Materialverlust nicht mehr vermeiden. Der Turm darf ja die Grundreihe nicht verlassen, schlägt jedoch der weiße Springer 3.Sd4xf3, dann folgt 3...Dc5-c2+ 4.Kb1-a1 Dc2-c3+ 5.Ka1-b1 Dc3-d3+ mit Turmgewinn.


Erstveröffentlichung am 16. Februar 2003

02. Februar 2016


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