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SCHACH-SPHINX/05603: Das Dunkel der Gräber (SB)


Im Dunkel der Gräber ruhen viele Gebeine erinnerungslos. Vergessen hat die einst Lebenden und ihr Wirken die Zeit. Licht soll die Schatten nun verscheuchen. Gustav Richard Neumann war Arzt von Beruf und Schachspieler aus Profession. Beidem widmete er sich mit Hingabe, mehr noch dem Letztgenannten. Der am 15. Dezember 1838 in Gleiwitz Geborene war 25 Jahren alt, als er die ersten Sprossen des Turnierschachs erklamm. 1865 wurde er Sieger im Elberfelder Hauptturnier, wo er auch die Meisterwürde errang. Steil stieg seine Schachkarriere auf. Auf dem Weltturnier in Paris (4. Platz) und im selben Jahr noch beim Turnier in Dundee (1.Platz vor Wilhelm Steinitz) machte er durch seinen angriffslustigen Stil von sich reden. Ohne Zweifel wäre er imstande gewesen, Steinitz dem Weltmeistertitel streitig zu machen, wenn nicht ab dem Jahr 1872 die ersten Anzeichen einer Geisteskrankheit, offenbar hervorgerufen durch eine in Jugendjahren erlittene Kopfverletzung, seinen Verstand zu trüben begannen. Mit 43 Jahren starb er 1881 in der Heilanstalt Allenberg bei Wehlau. Vielleicht war dies der Grund, weswegen man seiner nicht mehr gedachte. Fälle von geistiger Umnachtung häuften sich gerade um die Jahrhundertwende unter Schachmeistern, und es hätte wohl dem Ansehen ihrer Zunft geschadet, seinen Namen weiterhin zu erwähnen. So geriet er mehr und mehr in Vergessenheit. Sein Schachtalent war unbestritten und insbesondere im Königsgambit steuerte er viele interessante Gedanken bei. Im heutigen Rätsel der Sphinx bezwang er mit den weißen Steinen den vielseitigen Meister und Schachautor Jean Dufresne. Die Stellung ist nicht ohne Reiz. Dufresne hatte zuletzt 1...g7-g6 gezogen, wohl darauf hoffend, nach 2.f5xg6+? mit dem Paroli bietenden Gegenabzugsschach 2...f7xg6+ noch gewinnen zu können. Indes, Neumann war Arzt genug, um zu wissen, wie man solche Hoffnungen kurierte. Also, Wanderer, wie setzte Weiß in zwei Zügen Matt?



SCHACH-SPHINX/05603: Das Dunkel der Gräber (SB)

Neumann - Dufresne
Berlin 1863

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der amerikanische Meister Boris Gulko, auch bekannt geworden durch seine mehrfache Siege über Garry Kasparow, vollendete die "Perle von Saint John" mit der bildhübschen Kombination 1...Td8-d1+ 2.Ta1xd1 Dc2xc3!, worauf sein Kontrahent Georgiev sofort aufgab, das drohende Grundreihenmatt wäre nur noch unter wahnwitzigen Materialeinbußen zu verhindern gewesen.


Erstveröffentlichung am 09. Oktober 2002

20. September 2015


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