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SCHACH-SPHINX/05404: Positionell unterfüttert (SB)


Wo große Schachturniere stattfanden, da war auch der argentinische Altmeister Miguel Najdorf zugegen. Seit er in den 30er Jahren die internationale Schachbühne betrat, verblüffte der Taktikfuchs immer wieder durch seine grandiosen Einfälle und Opferwendungen. Von Haus aus war Najdorf zwar ein "positionell unterfütterter Spieler", doch seine Neigung, sich kopfüber in wilde Verwicklungen zu stürzen, hatte er nie unterdrücken können. Die Zerstreutheit seines Interesses für viele Wissensbereiche des Lebens verhinderte jedoch, daß er den Sprung in die oberste Weltetage schaffte. So begnügte sich der gesellige Weintrinker, Gourmet und Geschichtenerzähler mit gelegentlichen Glanzpartien, die seinem Ruf als spitzfindiger Kenner vieler Partie- Eröffnungen weltweit verbreiteten. Mehr noch als seine Partien ist sein Name jedoch mit einer nach ihm benannten Variante in der Sizilianischen Verteidigung bekannt geworden. Die Najdorf-Variante, an deren Erforschung der argentinische Großmeister maßgeblichen Anteil hatte, entwickelte sich rasch zur beliebtesten Angriffswaffe in der Sizilianischen Verteidigung. Wer sich als Spieler, der den Königsbauernzug favorisiert, nicht auf die Najdorf-Variante vorbereitet, braucht auf keinem Turnier zu erscheinen. Najdorfs Beitrag zur Eröffnungstheorie hält sich ungeachtet dessen mit der Zahl der auf geniale Weise von ihm gewonnenen Partien ungefähr die Waage. Verglichen damit ist die Zahl seiner Niederlagen recht gering, wenn er jedoch verlor, dann nicht minder grandios. Im heutigen Rätsel der Sphinx spielte er mit den weißen Steinen gegen den armenischen Groß- und Ex-Weltmeister Tigran Petrosjan und hatte das Pech, an der hohen Endspielkunst seines Gegners zu scheitern. Najdorf hoffte nun, auf 1...a3-a2 mit 2.Tg4-g1 die Balance halten zu können. Damit unterschätzte er jedoch die scharfe Rechengenauigkeit von Petrosjan. Also, Wanderer, was übersah der sonst argusäugige argentinische Großmeister?



SCHACH-SPHINX/05404: Positionell unterfüttert (SB)

Najdorf - Petrosjan
Los Angeles 1966

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Meister Ribli ist sicherlich kein Mensch mit der starren Neigung, sich ans gewonnene Material zu klammern. Besser noch als ein eroberter Bauer ist ein vollendeter Sieg, und so verzichtete er in seiner Partie gegen den jugoslawischen Großmeister Gligoric auf das kleinliche 2.Th3- h2 und spielte statt dessen mit 2.Td2-h2! auf Angriff, was sich hervorragend auszahlte: 2...Tb4xb2 3.Th3-h7+ Kg7-f8 4.Th7-h8+ Kf8-e7 5.Th2-h7+ Ke7-d6 6.Th8-f8 und Schwarz gab auf, denn nach 6...Kd6-c6 7.Tf8xf6+ Kc6-b5 8.Tf6xb6+ Kb5xb6 9.Th7-g7 wäre das Turmendspiel ebenso verloren wie nach 6...Tb2-e2+ 7.Ke4-d3 Te2-e7 8.Tf8xf6+ Kd6-d5 9.Th7xe7 Tb6xf6 10.Te7-d7+ Kd5-c6 11.Td7-g7


Erstveröffentlichung am 28. März 2002

05. März 2015


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