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SCHACH-SPHINX/04894: Pfade ins Dunkel (SB)


Capablancas Stil hat viele Nachahmer gefunden. Doch so pragmatisch, zielorientiert, mit dem Aufwand geringster Verwicklungen, stets auf Überschaubarkeit bedacht und innerhalb dieser Grenzen nie den Faden verlierend wie er spielt heutzutage fast keiner mehr - bis auf Anatoli Karpow, Champion der FIDE, Liebkind der Russen und einer der gefürchtesten Abwehrspieler aller Zeiten. Beide verbindet eine Vorliebe für ruhige Eröffnungen. Lärm und Aufsehen sind beiden verhaßt. Wie ein leise plätschernder Flußlauf sind auch ihre Partien. Vereinfachungen, Abwicklungen ins Endspiel, wann hat es je Meister gegeben, die dieses Terrain so gut beherrschten? Beim öffentlichen Auftritt hingegen scheiden sich die Geister. Fühlte Capablanca sich erst wohl, wenn das Rampenlicht auf ihn fiel, so liebt Karpow die dunkle Anonymität. Über kaum einen Großmeister gibt es so wenige Anekdoten zu berichten wie über ihn. Sein Leben, sein Wirken, seine Interessen - aus fremden Mündern erfahren wir davon. Von ihm selbst kommt auf diesbezügliche Fragen meist nur ein eisig angehauchtes Lächeln, so, als bäte er um die nächste Frage. Allgemeingültig gehalten sind daher seine Stellungnahmen. Der Nimbus der Rätselhaftigkeit umgibt seine Person. Er ist verheiratet, ja, und hat auch Kinder. Glücklich sei er, besonders, wenn er Schach spiele und siege. Tiefer lassen seine Antworten nicht blicken, und so muß man sich mit seinen Partien begnügen. Allerdings schweigen sich auch diese in den meisten Fälle aus. Nicht wenige Kommentatoren seiner Partien müssen eingestehen, daß sie Karpows Gedanken nur erraten, nicht jedoch verstehen könnten. Im heutigen Rätsel der Sphinx mag man wohl die gewinnträchtige Kombination finden, die Motive, die dazu führten, bleiben trotzdem verborgen hinter Karpows Charaktermaske. Also, Wanderer, mit den weißen Steinen gewann Karpow zunächst einen Bauern und dann die Partie!



SCHACH-SPHINX/04894: Pfade ins Dunkel (SB)

Karpow - Hansen
Saloniki 1988

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Streitsucht ist die zweite Haut eines Iren, die erste heißt wohl Frömmigkeit. Mister Orr aus Irland verknüpfte beides, spielte streitsüchtig 1.Db7xa8! Tf8xa8 2.Lg2xa8 Dd6-b8 3.La8-e4 Db8xb2 4.Ta1- b1 Db2-e2 und ließ mit 5.Td1xd4! e5xd4 6.Tb1-b8+ Lg7-f8 7.Le3-h6 ein Halleluja erklingen. Ivanov gab sich geschlagen, da er nach 7...De2- e1+ 8.Kg1-h2 De1xf2+ 9.Le4-g2 gegen das Matt auf f8 machtlos gewesen wäre.


Erstveröffentlichung am 22. April 2001

11. Oktober 2013





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