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SCHACH-SPHINX/04672: Schicksale einer entgleisten Zeit (SB)


Die Rolle des 'Großdeutschen Schachbundes' nahm sich unter dem Hitlerregime alles andere als rühmlich aus. Kaum hatte die NSDAP die alleinige Macht in Deutschland an sich gerissen - die demokratische Grundordnung war nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 so gut wie hinfällig geworden -, da schwenkten viele gesellschaftliche Verbände und Organisationen auf den neuen Kurs um. Eine lange Jahrhunderte antisemitisch geprägte Grundstimmung im deutschen Volk brach sich Bahn und überflügelte zuweilen gar die NSDAP in ihrem Bemühen, das "jüdische Element im deutschen Wirtskörper" auszurotten. Bereits im August 1933 verkündete das Bundesorgan des Schachbundes: "Juden können wir zu unserer Arbeit nicht brauchen, sie haben aus den Vereinen zu verschwinden, denn sie waren in Deutschland die Erfinder und Förderer des Klassenkampfes und hetzen jetzt die anderen Völker gegen unser Vaterland auf." Es ist erschreckend, mit welcher Geschwindigkeit und Rigorosität sich ein "arisches Schach" in Deutschland konstituierte. Die Opfer dieses Rassenwahns in den Reihen deutscher Schachspieler - Lasker, der frühzeitig emigrierte, und Tarrasch, der wohl an gebrochenem Herzen ob der Häme gegen ihn Anfang 1934 in München starb, um nur einige der Leidtragenden zu nennen - sind Mahn- und Wundmale einer menschlichen Verirrung und dürfen nie vergessen werden. Aus diesem Anlaß wird im heutigen Rätsel der Sphinx nochmals an die würdigende Leistung Tarraschs erinnert, der wie kaum ein anderer zur Entwicklung des deutschen Schachspiels beigetragen hatte. Sein Kontrahent Marco hatte zuletzt einen Bauern mit 1...Sh7xg5 geschlagen. Also, Wanderer, wie verdichtete Tarrasch den Angriff auf die schwarze Königsfestung?



SCHACH-SPHINX/04672: Schicksale einer entgleisten Zeit (SB)

Tarrasch - Marco
Wien 1898

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Vielleicht hätte Kantowitsch die Augen doch auf dem Brett behalten sollen, denn dann wäre ihm 1.Sf3-e5! sicherlich nicht entgangen. Die Mattdrohung auf f7 kostete eine Figur, worauf er die Partie sogleich aufgab.


Erstveröffentlichung am 08. Februar 2001

03. März 2013





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