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SCHACH-SPHINX/04636: Moralität des Meßbaren (SB)


"Vielleicht hat alle Moralität der Menschheit", so mutmaßte der Atheistenphilosoph Friedrich Nietzsche, "in der ungeheueren inneren Aufregung ihren Ursprung, welche die Urmenschen ergriff, als sie das Maß und das Messen, die Waage und das Wägen entdeckten. Mit diesen Vorstellungen stiegen sie in Bereiche hinauf, die ganz unmeßbar und unwägbar sind". Es überrascht nicht, daß die europäische Geistesgeschichte in mannigfaltiger Form Konzepte des Gegensatzes ersann und ins gesellschaftliche Leben einführte. Ein Problem war damit instandgesetzt: das Unwägbare, religiös verkleidet als Gott, und die Faszination daran. Daß erst mit dem Messen das Unwägbare überhaupt erst entstand, daß also im letzteren lediglich der Widerspruch und der mangelhafte Anspruch aller Meßverfahren, ob nun technischer, bürokratischer oder ethisch-moralischer Art, zum Ausdruck kamen, übersah man gern und mit Bedacht, weil die Interessenlage des Menschen eine ganz andere war. Ohne das Prinzip des Teilens hätte sich nie so etwas Folgenschweres wie Besitz und das Streben danach etablieren können. 64 Felder hat das Schachbrett, 32 Figuren stehen darauf und zwei Menschen sitzen sich gegenüber. Um mit Nietzsche zu sprechen: Hat der Urmensch immer noch seine Finger im Spiel? Urwüchsig ging es auch im heutigen Rätsel der Sphinx zwischen Lucarelli und Carra zu. In der Zahl war Weiß überlegen, doch die Rechnung schien nicht aufzugehen, denn auf das Naheliegende 1.d3-d4 wäre 1...Da6-e2! gefolgt. Das Erhalten von Material ist ein kleiner Gewinn, doch manchmal gewinnt man mehr, wenn man es wieder hergibt. Also, Wanderer, welche Figur mußte Lucarelli opfern, um zu gewinnen?



SCHACH-SPHINX/04636: Moralität des Meßbaren (SB)

Lucarelli - Carra
Bologna 1933

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der englische Meister Samuel Boden erschütterte die weiße Stellung mit 1...Dd5xf3! und gewann nach 2.g2xf3 Lf5-h3+ 3.Kf1-g1 Te8-e6 4.Da4-c2 - mit der Hoffnung 4...Te6-g6+ 5.Dc2xg6, aber ... - 4...Td8xd4! 5.Lc5xd4 Sc6xd4. Und Weiß war verloren.


Erstveröffentlichung am 27. Januar 2001

26. Januar 2013





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