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SCHACH-SPHINX/04444: Jeder Höhenflug gebiert auch Tragödien (SB)


"Der Zauberer aus Riga", Michail Tal, stand nur einmal in der Gunst Caissas und durfte sich für die Dauer eines Jahres Weltmeister nennen. Etwas anderes hatte die Schachgöttin für ihn auserkoren. Anders als seine Landsleute Botwinnik, Petrosjan und Smyslow sollte er der Welt ein viel schillernderes Erbe hinterlassen. Ruhm ist eine vergängliche Speise und Titel kommen und gehen. Was liegt daran, einst ein Weltmeister gewesen zu sein? Tals Streiten auf diesem Erdball sollte bleibendere Werte schaffen als die katalogisierte Reihenfolge in der Dynastie der Schachwelthäupter. Dank Tal durften wir einen Blick in die Truhe vor ihm kaum geöffneter schachlicher Möglichkeiten werfen. Kein Paul Morphy, kein Adolf Anderssen brachten es in ihrer Karriere zu einer solchen Fülle von genialen Kombinationen wie Tal. Doch jeder Höhenflug gebiert auch Tragödien, von denen Tal in seinen späteren Jahren kosten mußte. Er, der wie ein Sturmwind über die Figuren des Gegners hinweggefegt war, und keine Rücksicht nahm auf die materialistische Klammer von Besitz und Bestand, mußte zuletzt der eigenen versiegenden Schöpfungskraft Tribut leisten. Trotzdem soll uns der große Taktiker und Titan der Schachgeschichte in guter Erinnerung bleiben. Das heutige Rätsel der Sphinx ist dem unvergeßlichen Michail Tal gewidmet, der zuletzt 1.e4-e5 gezogen hatte, worauf Hecht mit 1...b6-b5 den Zunder gab für den flächendeckenden Stellungsbrand. Die nächsten Züge zu finden, Wanderer, ist des edlen Schweißes wert.



SCHACH-SPHINX/04444: Jeder Höhenflug gebiert auch Tragödien (SB)

Tal - Hecht
Olympiade 1962

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Und da sage noch einer, im Alter würde das Denken ergrauen. Für Bernstein galt dies jedenfalls nicht: 1.Te4-h4+! g5xh4 2.Dc2xf5 Sg7xf5 3.Lb2xf6+ Kh8-g8 4.d6-d7! und Schwarz war hoffnungslos verloren.


Erstveröffentlichung am 25. November 2000

17. Juli 2012