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SCHACH-SPHINX/04392: Michail Tals tausend Argusaugen (SB)


Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte der Ex-Weltmeister Michail Tal im rheinischen Troisdorf. Dorthin hatte es ihn samt seiner Familie verschlagen, um den Anreiseweg kurz zu halten. Schließlich spielte und siegte er für den Bundesligisten Köln-Porz. Nur ein Jahr lang, zwischen 1960 und 1961, trug Tal auf seinem Haupte die Weltmeisterkrone. Bei all seinem Geschick fürs Kombinatorische war er doch zu unbeständig, wenn lange Wettkämpfe ausgetragen wurden. Seine Vorliebe war der jähe Einfall, das plötzliche Erfassen des Wesentlichen, etwas, das ihm 1990 immerhin zum Weltmeister im Blitzschach machte. Seine adlerscharfen Augen konnten in der kurzen Bedenkzeit ungleich genauer ausspähen, wo sich der Kernkonflikt in einer Stellung verbarg. Im heutigen Rätsel der Sphinx fanden Tals tausend Argusaugen jedoch auch in einer Normalpartie den zündenden Zug, der den Partiesieg festhielt. Seinem Kontrahenten, den für Tegel spielenden Meister Lorenz, war es, als taumelte er durch Finsternisse, ein Gefühl, das vielen Gegnern von Tal beschlich, wenn sie gegen ihn spielten. Nie wußten sie, woher der Schlag, der kommen mußte, kam. Nachdem Tal bereits im siebten Zuge die Qualität geopfert hatte, entstand schließlich die vorliegende Stellung. Nun, Wanderer, schärfe deinen Blick für den Adlerhieb!



SCHACH-SPHINX/04392: Michail Tals tausend Argusaugen (SB)

Tal - Lorenz
Bundesliga 1991

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Bei 1...Sf6-g4+? knackte es in der Ohrmuschel, so sehr hatten sich selbst die Geister der Telefongesellschaft über den Zug erschreckt, der nach 2.h3xg4! Dg7xa1 3.Tg3-h3+ Kh8-g8 4.Le3-d2 Ta8-f8 5.Df5-e4 Da1- d4 - oder 5...Te7-g7 6.Ld2-c3 Da1-c1 7.Lc3xg7 Dc1xf4+ 8.De4xf4 Tf8xf4 9.Lg7-c3! Kg8-f8 10.Th3-f3 Tf4xf3 11.g2xf3 - 6.Ld2-c3! zur fernmündlichen Stille führte. Wegen des Matts auf h8 war die weiße Dame nicht zu schlagen; die schwarze Dame mußte eben aus diesem Grunde ihr Leben lassen.


Erstveröffentlichung am 08. November 2000

26. Mai 2012