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MELDUNG/825: Abschied von Cristina-Adela Foisor (SB)


Ein Licht ist erloschen


Ihr Lächeln konnte verzaubern. Sie hatte nicht nur in Rumänien, ihrer Heimat, sondern überall auf der Welt Freundinnen und Freunde, die nun um so mehr trauern, als Christina-Adela Foisor ihnen nie mehr mit ihrer Herzenswärme als Mensch und Schachspielerin begegnen wird. Am 22. Januar bot ihr der Tod, der unsichtbare Kiebitz, der jede Partie und jeden Zug überschattet, ein letztes Schachmatt. Christina-Adela Foisor starb viel zu früh im Alter von 49 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in Timisoara. Sie hinterläßt ihren Mann Ovidiu-Doru Foisor, der ebenfalls ein Gefolgsmann Caissas ist und den Titel eines Internationalen Meisters trägt, und ihre beiden Töchter Sabina-Francesca und Mihaela-Veronica, die der Familientradition folgend im Rang einer Großmeisterin der Frauen bzw. Internationalen Meisterin der Frauen stehen.

Cristina-Adela Foisor schloß an der West-Universität Temeswar ein Mathematikstudium ab und arbeitete später als Lehrerin. Doch am Schachspiel hing ihr ganzes Herz. Neben ihrer Begabung war sie auch überaus erfolgreich. Fünfmal gewann sie die Rumänische Landesmeisterschaft, war viele Jahre Mitglied der Rumänischen Frauennationalmannschaft und absolvierte etliche Frauenweltmeisterschaften. Die 1967 in Petrosani Geborene erwarb 1986 den Titel des Internationaler Meisters der Frauen, avancierte 1991 zum Großmeister der Frauen und krönte ihre Schachkarriere 1997 mit der Verleihung des Titels Internationaler Meister, womit sie den internationalen Durchbruch vollends vollzogen hatte.

In Deutschland spielte sie zuletzt von 2012 bis 2016 für die SF Deizisau in der Frauenbundesliga, nachdem sie zuvor von 2002 bis 2004 für den SC Meerbauer Kiel und von 2006 bis 2008 für den SK Doppelbauer Kiel an den Start gegangen war. Für die SF Deizisau war sie für die Saison 2016/17 zwar gemeldet, ihre Teamkolleginnen und der Verein insgesamt hofften und bangten um sie, aber ein ungnädiges Schicksal nahm ihnen schließlich allen Trost. Tröstend war indes, daß einige ihrer Gefährtinnen Christina-Adela Foisor mehrere Jahrzehnte lang kennen- und schätzenlernen durften. Obwohl international oft unterwegs, war auf sie immer Verlaß. Wenn Spiele in der Bundesliga anstanden, war ihr keine Reise zu weit, kein Zeitplan zu eng.

Die Schachfreunde Deizisau haben der liebenswürdigen Rumänin viel zu verdanken. Sie wirkte nicht nur in der obersten Frauenbundesliga, sondern begleitete und förderte am Spitzenbrett auch den Weg des Oberligateams von Jahr zu Jahr, bis es in die Zweite Bundesliga aufstieg. Daraus resultierte der größte Erfolg in der Vereinsgeschichte, als das Pokalteam von Deizisau im letzten Jahr auch dank ihrer tatkräftigen Unterstützung am Brett zum Deutschen Mannschaftspokalsieger arrivierte. Ohne Zweifel lagen der Frauenweltmeisterschafts-Viertelfinalistin von 2001 die Einsätze in Deutschland sehr am Herzen. Nur wenige Schachspielerinnen von Weltformat wären so ohne weiteres bereit gewesen, Zeit und Mühen dafür zu investieren. So spielte sie für den Schachverband Württemberg 2014 und 2015 bei den Deutschen Frauenmannschaftsmeisterschaften der Landesverbände in Braunfels und führte das Team 2014 zum dritten Platz, wo sie am ersten Brett 4,5 Punkte aus 5 Partien erzielte.

Es gibt Menschen, die nach ihrem Tod unübersehbare Spuren im Sand der Geschichte hinterlassen, weil sie Großes erreichten und wegweisenden Ereignissen ihren Stempel aufdrückten. Mehr als Ruhm, der mit der Zeit immer verblaßt und nicht so sehr die Person als vielmehr ihre Handlungen würdigt, ist der Ehrenplatz in der Erinnerung all jenen reserviert, die das Band der Mitmenschlichkeit über alle Landesgrenzen und anderweitige Querelen hinweg aufrechterhielten, weil sie schlichtweg keinen Gedanken daran verschwendeten, ihren Erfolg im Leben, man muß schon sagen: notorischerweise am Mißgeschick aller übrigen zu messen. Der 22. Januar war ein schwarzer Tag, weil er die Welt um ein Licht ärmer machte.


30. Januar 2017


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