Künstlichkeit des Vergleichs
Die FIDE hat Anfang des Jahres wieder Elo-Listen herausgegeben. Dokumentiert sind nun die Weltranglisten der besten Männer, Frauen, Junioren und Mädchen. Absolutheitscharakter haben sie unterdessen nicht, denn die Elo-Zahl berechnet sich nach der Plazierung in einem Turnier und der jeweiligen Spielstärke der Kontrahenten. Auch die Kategorie eines Wettkampfs dient als Grundlage der Evaluation. Ein Remis in einem hochrangigen Turnier kann unter Umständen höher bewertet werden als ein Sieg beispielsweise in einem Open. Überhaupt drücken Weltranglisten nur die Relativität der auf der Basis eines Berechnungskonsensus getroffenen Vergleichsparameter aus. Spielt man immer im selben Klub, also auf Einladungsturnieren mit einer geringen Bandbreite an alternierenden Gegnern, führt dies in der Regel zu einer hohen Remisquote, weil die Spieler die Stärken und Schwächen der anderen kennen. So haben Veranstalter der sogenannten Superturniere nicht zufällig Remisregeln eingeführt, ab welchem Zug eine Partie im Einvernehmen der Spieler unentschieden gegeben werden darf.
Legt ein Spieler zudem eine Kreativpause ein, spielt also wenige bis gar keine Partien in einem Turnierjahr, verzerren sich die Ranglisten teilweise erheblich. Gemessen wird nicht wirklich die Spielstärke, sondern nur ein relativer Vergleichswert zwischen Spielern, die nicht unbedingt gegeneinander gespielt haben, geschweige denn den gleichen Turnierbedingungen unterlagen. Und weil in jedem Vergleich das Eigentümliche verlorengeht und durch eine statistische Beliebigkeitsstruktur ersetzt wird, führt Weltmeister Magnus Carlsen auch im Januar 2017 die Weltrangliste der Männer an. Sein Stern hat jedoch an Strahlkraft eingebüßt. Nicht, daß er schwächelt, auch wenn sein WM-Kampf in New York gegen seinen Herausforderer Sergey Karjakin sicherlich nicht die beste Schulnote verdient, doch beträgt der Abstand zum US-Amerikaner Fabiano Caruana inzwischen nur noch 14 Elo-Punkte. Der Dritte im Bunde der 2800er-Großmeister ist der Inder Viswanathan Anand, gefolgt vom Supergroßmeister Wesley So auf Rang 4. Der Klub der 2700er reicht indes bis zum 44. Platz hinunter. Für einen Außenstehenden, der nicht an den "richtigen Turnieren" teilnimmt und sich statt dessen auf Opens abplagen muß, war es immer schon schwer, die Phalanx der Elite zu durchbrechen, wenn er nicht außerordentliches Glück hatte.
Die Top-Ten ist jedenfalls ein Beleg für die augenblickliche Stärke der USA. Mit Caruana, So und Hikaru Nakamura stellt sie gleich drei Top-Spieler ganz oben in der Liste, während Rußland nur Kramnik und Karjakin aufbieten kann, da Ian Nepomnischtchi auf Platz 11 festsitzt. Aber jenseits der Top-Ten sind die Russen zahlenmäßig weiterhin dominant, obgleich die Ukraine und China ein gewichtiges Wort mitreden. Auch Europa, welchen geographischen Maßstab man auch letztlich nimmt, ist bunt vertreten mit Spielern aus Norwegen, Frankreich, Polen, England, Spanien, Ungarn, Tschechien, Bulgarien, Armenien, Aserbeidschan und Georgien. Alle großen Schachnationen sind mit ihren Fahnen dabei, nur Deutschland ging in der Top-100 leer aus. Denn Liviu-Dieter Nisipeanu auf Rang 60, Sohn eines rumänischen Vaters und einer deutschen Mutter, spielt erst seit 2014 für den Deutschen Schachbund, und Arkadij Naiditsch, einst die größte deutsche Nachwuchshoffnung, ist inzwischen nach Aserbaidschan gewechselt.
Top-100 der Männer | ||||
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Carlsen, Magnus Caruana, Fabiano Kramnik, Vladimir So, Wesley Vachier-Lagrave, Maxime Anand, Viswanathan Nakamura, Hikaru Karjakin, Sergey Aronian, Levon Giri, Anish Nepomniachtchi, Ian Harikrishna, Pentala Mamedyarov, Shakhriyar Ding, Liren Eljanov, Pavel Ivanchuk, Vassily Adams, Michael Wojtaszek, Radoslaw Svidler, Peter Grischuk, Alexander Topalov, Veselin Dominguez Perez, Leinier Yu, Yangyi Andreikin, Dmitry Navara, David Vitiugov, Nikita Inarkiev, Ernesto Gelfand, Boris Li, Chao Le, Quang Liem Malakhov, Vladimir Bu, Xiangzhi Tomashevsky, Evgeny Radjabov, Teimour Jakovenko, Dmitry Vallejo Pons, Francisco Ponomariov, Ruslan Wei, Yi Wang, Yue Rapport, Richard Naiditsch, Arkadij Kryvoruchko, Yuriy Jobava, Baadur Matlakov, Maxim Kasimdzhanov, Rustam Almasi, Zoltan Ragger, Markus Bacrot, Etienne Van Wely, Loek Rodshtein, Maxim Leko, Peter Korobov, Anton Cheparinov, Ivan Mamedov, Rauf Safarli, Eltaj Kovalenko, Igor Duda, Jan-Krzysztof Shirov, Alexei Rublevsky, Sergei Nisipeanu, Liviu-Dieter Areshchenko, Alexander Najer, Evgeniy Zvjaginsev, Vadim Movsesian, Sergei Short, Nigel Morozevich, Alexander Akopian, Vladimir Robson, Ray Ni, Hua Shankland, Samuel Vidit, Santosh Gujrathi Sjugirov, Sanan Sadler, Matthew Riazantsev, Alexander Wang, Hao Rakhmanov, Aleksandr Negi, Parimarjan Smirin, Ilia Onischuk, Alexander Xiong, Jeffery Sargissian, Gabriel Amin, Bassem Kamsky, Gata Bareev, Evgeny Jones, Gawain Markus, Robert Motylev, Alexander Zhigalko, Sergei Laznicka, Viktor Moiseenko, Alexander Dubov, Daniil Sasikiran, Krishnan Fressinet, Laurent Ipatov, Alexander Tkachiev, Vladislav Fedoseev, Vladimir Ganguly, Surya Shekhar Salem, A.R. Saleh Howell, David Cordova, Emilio Artemiev, Vladislav |
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4. Januar 2017
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