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STANDPUNKT/041: Mit Ernennung von 20 neuen Kardinälen stärkt Papst Franziskus seine Machtbasis (Gerhard Feldbauer)


Mit Ernennung von 20 neuen Kardinälen stärkt Papst Franziskus seine Machtbasis

Soziales Engagement hervorgehoben

von Gerhard Feldbauer, 17. Februar 2015


Knapp zwei Jahre nach seinem Amtsantritt hat Papst Franziskus am Wochenende 20 neue Kardinäle ernannt, deren Zahl damit auf 227 ansteigt. 125 wären in einem Konklave derzeit stimmberechtigt, das heißt, sie sind noch nicht 80 Jahre und würden einmal, sofern sie diese Altersgrenze nicht überschritten haben, einen Nachfolger für den Argentinier Mario Bergoglio wählen, der nächstes Jahr 80 wird. Bei der feierlichen Zeremonie im Petersdom, zu der Franziskus seinen Vorgänger Josef Ratzinger eingeladen hatte, übergab der Papst den neuen Würdenträgern das purpurfarbene Birett und den Kardinalsring. Sie gelobten Gehorsam und Treue".


Wojtyla war Rekordhalter

Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein neuer Pontifex mit Neuernennungen sich ein Kollegium schafft, das ihm möglichst keine Schwierigkeiten bereitet und Widersacher in Schach hält. Vor allem ist das Ziel eines jeden Papstes, dass nach ihm ein Nachfolger gewählt wird, der sein Werk fortsetzt. Der Pole Karol Wojtyla, der als Johannes Paul II. 27 Jahre an der Spitze der Papstmonarchie stand, stellte mit 231 Ernennungen (davon 115 stimmberechtigte) einen Rekord auf. Am Ende gab es nur noch zwei Purpurträger, die er nicht berufen hatte. Mit dem deutschen Kardinal Josef Ratzinger wurde 2005 ein von ihm auserkorener Kardinal gewählt. Bei dem Versuch, seinen Ziehvater noch im erzreaktionären Kurs zu überbieten, scheiterte er und trat 2013 zurück.


Ausgewogene Auswahl

Franziskus gilt als der Retter, der die tiefe Krise der katholischen Kirche, in die sie seine beiden Vorgänger stürzten, angeht: Mit demagogischem Geschick, der Korrektur von Überspitzungen, der Thematisierung von umstrittenen Fragen, der Kritik am sozialen Elend der kapitalistischen Gesellschaft weckt er Hoffnungen, es könnte sich etwas ändern, geht aber in der Substanz keinen Fußbreit vom konservativen Kurs der Kurie ab.

Mit seinen ersten Ernennungen neuer Kardinäle will Franziskus sich offensichtlich eine ausgewogene Basis seines Konzepts schaffen bzw. erweitern. Im Februar 2014 hatte er bereits 19 Prälaten zu Kardinälen erhoben, darunter seinen Staatssekretär Pietro Parolin und den Präfekten der Glaubenskongregation, den Deutschen Gerhard Ludwig Müller. Er hatte auch die traditionellen Kardinalssitze bedacht: Londons Westminister Cathedral mit Erzbischof Vincent Nicols, Québec mit Gérald Cyprien Lacroix und Buenos Aires mit seinem Nachfolger Mario Poli. Jetzt aber belohnte der Papst - außer den 62 Jahre alten Präfekten der Apostolischen Signatur Dominique Mamberti - vor allem Seelsorger vom Rande der Welt: Das Hausblatt des Vatikans Osservatore Romanow hebt die von Bergoglio gesetzten Schwerpunkte hervor: Drei wahlberechtigte Kardinäle kommen aus Asien, zwei aus Ozeanien, drei aus Lateinamerika, fünf aus Europa. Zu fünf Neuen ohne Wahlrecht gehören ein Italiener, ein Afrikaner, zwei Lateinamerikaner und ein Deutscher (der frühere Präsident der päpstlichen Diplomatenakademie, Karl Josef Räuber. Nicht berücksichtigt wurden die USA. Der Heilige Vater habe die neuen Kardinäle ermahnt, ihre Würde nicht als Höhepunkt einer Karriere oder Machtposition zu sehen, sondern als Berufung zum "Dienst an der Kirche" zu verstehen, schreibt das Blatt.


Vorstoß in neue Missionsgebiete

Die meisten der neuen Kardinäle hatten wohl nicht mit ihrer Ernennung gerechnet. So der Bischof von Tonga, Soane Patita Mafi, der mit 54 Jahren nun jüngster Kardinal ist, aber auch Gomes Furtado, Jahrgang 1949, von den Kapverdischen Inseln. Deren Vorgänger trugen noch nie den purpurroten Rock, und das gilt für insgesamt sechs der neuen Kardinäle. Franziskus wolle auf diese Art "die Universalität der Kirche" betonen, sagte Vatikansprecher Pater Federico Lombardi. Aber dem Heiligen Vater geht es wohl vor allem darum, in neue Missionsgebiete vorzudringen; so wenn er den 1938 geborenen Erzbischof von Hanoi Pierre Nguyen Van Nhon zum Kardinal erhob und den 66 Jahre alten Erzbischof von Rangun in Myanmar, Charles Maung Bo. In den Vereinigten Staaten und Kanada gebe es hingegen genügend Kardinäle, sagte Lombardi; stattdessen erhalte Südamerika drei weitere: Mexiko, Panama und Uruguay. Ein Zeichen hat Franziskus auch mit dem Sizilianer Francesco Montenegro, dem 1946 geborenen Erzbischof von Agrigent, einer Hochburg der Mafia, gesetzt. Zu seinem Bistum gehört die Insel Lampedusa und er ist auch Präsident der katholischen Vereinigung Migrantes, die sich vieler Flüchtlinge annimmt. Er versicherte dem Pontifex, die Kardinalswürde sei für ihn nur ein weiterer Ansporn: "Im Übrigen werde ich so bleiben, wie ich bin."


Öffnung und Festhalten an konservativen Grundsätzen

Franziskus habe vor dem Kardinalskollegium erklärt, er habe "keine Angst vor Öffnungen" und es solle "niemand verurteilt werden, zitierte "La Repubblica" am Montag den Heiligen Vater. Dass er an seinen konservativen Grundsätzen wie dem Festhalten an der katholischen Sexualmoral, Geburtenkontrolle, Zölibat oder Frauenordination Abstriche zu machen gedenkt, war nicht zu erkennen. Selbst bei der Abendmahlverweigerung für wiederverheiratete Geschiedene ist kein Einlenken zu erkennen.

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Quelle:
© 2015 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2015

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