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STANDPUNKT/024: Heiligsprechung im Doppelpack (Gerhard Feldbauer)


Heiligsprechung im Doppelpack

Der erzreaktionäre Johannes Paul II. und der Friedens- und Verständigungspapst Johannes XXIII.

von Gerhard Feldbauer, 28. April 2014



Am vergangenen Sonntag hat Papst Franziskus die Päpste Johannes XXIII. (Pontifex 1958-1963) und Johannes Paul I. (1978-2005) zu Heiligen erhoben. In die Schaar der zumeist reaktionären und volksfeindlichen Heiligen wurden schon öfters - um Ausgewogenheit zu demonstrieren - fortschrittliche Katholiken eingereiht, wie die in Auschwitz ermordete deutsche Jüdin Edith Stein. Dass jedoch im Doppelpack zwei in ihrer Haltung völlig entgegengesetzte Päpste in den Heiligenstand erhoben wurden, dürfte bisher einmalig sein, darunter auch die regelrecht perfide Heuchelei mit der das erfolgte.

Der "Papst des Friedens" genannte Giovanni Ventitre wurde zunächst mit seiner Einberufung des II. Vatikanischen Konzils, das er im Oktober 1962 gegen den Widerstand der konservativen Kreise des Klerus eröffnete, bekannt. Bedeutungsvoll waren die Beschlüsse zur Durchsetzung von Toleranz unter den Religionen (Dekret "Über die Religionsfreiheit"), darunter die Absage an den Antijudaismus.

Papa Giovanni, wie er genannt wurde, trat für die Armen ein, für ein Verbot der Atomwaffen und für das Ende des Wettrüstens, verurteilte die Rassendiskriminierung, setzte sich für den Schutz von Minderheiten und die Rechte politischer Flüchtlinge ein. Er unterhielt Kontakte zum KPdSU-Generalsekretär Chruschtschow, engagierte sich für die Beilegung der Kuba-Krise 1962 und zeigte Toleranz gegenüber den Kommunisten und Sozialisten.

Wojtyla sorgte dafür, dass die von Johannes XXIII. eingeleiteten Reformen, wo sie nicht rückgängig gemacht wurden, stagnierten. Er verfolgte unerbittlich die progressive Befreiungstheologie in Südamerika, maßregelte Hunderte ihrer Priester mit Zurechtweisungen, Drohungen und Verweisen und fällte gegen 150 abweichende Theologen Urteile. Mit 1.338 Selig- und 428 Heiligsprechungen stellte er Weltrekorde auf. Unter ihnen befanden sich Reihenweise Faschisten, Kriegs- und Naziverbrecher und ihre Helfershelfer in der Soutane, wie der Generalpräsident von Opus Dei, Escriva de Balaguer, ein Freund und Verehrer Hitlers, Francos und Pinochets, und der Kardinal Alojzije Stepanic, einen Kollaborateur der Ustascha-Faschisten, unter deren Regime über eine Million Serben ermordet wurden.

Mit Wojtyla wurde ein fanatischer Feind der kommunistischen Regierungen in Warschau wie des ganzen Ostblocks Papst. Er scheute sich nicht, zu ihrem Sturz mit der CIA zu kooperieren und zur Unterstützung der Untergrundarbeit der Gewerkschaft Solidarnosc den hochrangigen Agenten der Agency Namens Corrado Simioni, der zu den Rädelsführern des Mordkomplotts gegen den christdemokratischen Parteiführer Aldo Moro in Italien gehörte, nach Warschau zu schicken. Die Finanzhilfe des Vatikans und Wojtylas persönlich für die Solidarnosc wird auf über eine Milliarde Dollar beziffert.

Mit dieser Heiligsprechung hat sich Papst Franziskus schließlich selbst des Heilgenscheins, mit dem er sich so gern umgibt beraubt.

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Quelle:
© 2014 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2014